Full text: Archiv für öffentliches Recht.Neunzehnter Band. (19)

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tung in eine konkrete Form gebracht. Der Verf. kommt allerdings am 
Schlusse seiner Ausführungen zu der Erkenntnis, dass er bei dem Bestreben, 
den eigenartigen politischen Verhältnissen Oesterreichs entsprechende Rechts- 
und Verfassungsformen zu finden, mit seinem „Nationalitätenbundesstaate 
als Verwirklichung der nationalen Autonomie und der staatlichen Union“ 
dahin gelangt sei, einen Staatsroman zu schreiben. Aber wie bei allen 
Staatsromanen liegt auch hier der Wert eher in der Enthüllung der Ursachen 
unhaltbarer Zustände als in der Angabe der Mittel zur Heilung; diese bleiben 
doch immer nur ein frommer Wunsch des einzelnen und werden vom Stronie 
der geschichtlichen Ereignisse bestimmt. Dem Verf. mag es übrigens zur Genug- 
tuung gereichen, dass die jüngst erschienene „Studie“ der Regierung über 
die Reform der inneren Verwaltung in Oesterreich, manche seiner Gedanken, 
wie namentlich die Verbindung der staatlichen mit der autonomen Ver- 
waltung, die Verminderung des Einflusses der Landesstelle zu Gunsten des 
Kreises, vielleicht unbewusst, angenommen hat. 
Ob der von dem Verf. neuerlich befürwortete Ersatz unseres allerdings 
unbilligen Kurienwahlrechtes durch das allgemeine gleiche Wahlrecht, für 
welches SPRINGER auch in früheren Arbeiten (Staat und Parlament 1901) 
warm eingetreten ist, die Panacee allen Uebels und die notwendige Voraus- 
setzung für die Durchführung seiner Ideen bilden müsste, scheint mir bei 
der Ungleicheit der wirtschaftlichen und kulturellen Verhältnisse in den ver- 
schiedenen Teilen Oesterreichs mindestens zweifelhaft. Gewiss wird aber 
der Staatsmann, der daran gehen würde, durch gründliche Umgestaltung 
unserer Verfassungs- und Verwaltungseinrichtungen den nationalen Streit zu 
mildern, manche der von SPRINGER ausgesprochenen Gedanken sich zu eigen 
machen müssen. 
Wien, Januar 1905. Prof. Dr, Rudolf v. Herrnritt. 
Paul v. Rheinbaben, Geheimer Oberregierungsrat und vortragender Rat 
beim Staatsministerium, Die preussischen Disziplinargesetze. 
Unter Benutzung des einschlägigen amtlichen Materials erläutert. 
Berlin, Franz Vahlen, 1904. 8°. 571 8. 
Dieser Kommentar kann in jeder Hinsicht als ein musterhafter be- 
zeichnet werden. Das überaus reiche Material, welches in den legislatorischen 
Vorarbeiten, den zahlreichen Verfügungen der Minister, den Entscheidungen 
der Disziplinargerichte, des Oberverwaltungsgerichts, des Obertribunals und 
des Reichsgerichts, des Staatsministeriums usw. enthalten ist, hat der Verf. 
mit anscheinend absoluter Vollständigkeit angeführt und verwertet. Wie 
umfangreich dasselbe ist, kann man schon daraus ersehen, dass das chrono- 
logische Register dieser amtlichen Quellen und Zeugnisse 34 enggedruckte 
Spalten füllt. Mit derselben Gewissenhaftigkeit ist auch die gesamte in
	        
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