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Dr. Johannes Merkel, Prof. in Göttingen, Der Kampf des Fremd-
rechts mit dem einheimischen Rechte in Braunschweig-
Lüneburg. Hannover und Leipzig, Hahn, 1904. 94 S. M, 2.40.
Unter diesem Titel gibt der Verf. einen Beitrag zur Rezeptionsgeschichte,
welcher durch die sorgfältige Verwertung der urkundlichen Zeugnisse aus
einem bestimmten, ziemlich eng begrenzten Gebiet interessant und lehrreich
ist, wenngleich die Resultate der Untersuchung die herrschenden An-
sichten über den Vorgang der Rezeption im wesentlichen bestätigen. Der
Verf. beginnt mit der Vorgeschichte der Rezeption, nämlich mit den ersten
Spuren einer Kenntnis des fremden Rechts in einer Prozessverhandlung
vor einem geistlichen Gericht am Ende des 13. Jahrhunderts, mit dem
Rechtsstudium von Landesangehörigen auf den Hochschulen im 14. und
15. Jahrhundert und den Früchten dieser Studien, welche in der Fassung
der Urkunden und Prozessschriften hervortreten. Im 15. Jahrhundert be-
ginnt dann der Konflikt zwischen dem hergebrachten einheimischen Recht
und dem römischen Recht, dessen formale Geltung auf seinen Charakter als
kaiserliches Recht gestützt wird. Sehr interessant ist ein, schon vom
2. Dez. 1401 datierter Lüneburgischer Ratsbeschluss (Urk.-Buch der Stadt
L. III nro. 1525), welcher das Verhältnis der verschiedenen Rechtsquellen
dem Grundsatz gemäss regelt, dass Stadtrecht dem Landrecht, dieses dem
Kaiserrecht und dieses wieder dem kanonischen Recht vorgeht. Mit der
steigenden Verwendung der Doktoren in den städtischen und fürstlichen
Kanzleien und insbesondere mit der Gründung und Besetzung der Hof-
gerichte im 16. Jahrhundert ist dann der Sieg des fremden Rechts ent-
schieden. In eingehender Weise erörtert der Verf. den Widerstand der
Städte und bisweilen selbst der herzoglichen Untergerichte gegen die Hof-
gerichte; diese Opposition ist aber nicht so sehr gegen das fremde Recht
als gegen die Beschränkung der Gerichtsbarkeit und die Verletzung der
städtischen Privilegien gerichtet. Daran schliessen sich Mitteilungen aus
der Praxis der Hofgerichte, den Stadtrechten und Akten der Landesgesetz-
gebung, welche das Verhältnis des einheimischen Rechts, insbesondere des
Sachsenrechts, zum römischen Recht ins Licht stellen. Bemerkenswert ist
die gelegentlich hervortretende partikularistische Abneigung gegen das
sächsische Recht. Laband.