Full text: Archiv für öffentliches Recht.Neunzehnter Band. (19)

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vorschriften kann ich mir wohl mit Fug ersparen, ohne mich 
dem Vorwurf der Unvollständigkeit auszusetzen. 
Es bleibt nur noch eines mit Strafe bedrohten Tatbestandes 
zu gedenken, welcher — im Mutterlande heute fast gänzlich un- 
bekannt — unsern, wie übrigens den Kolonien aller Kultur- 
staaten?® eigentümlich ist: Ich denke an die Verletzung der aus 
dem Arbeitsvertrage entspringenden Pflichten durch den farbigen 
Arbeiter. Allerdings steht ja darauf allenthalben nur — wie die 
Verordnungen selbst sich ausdrücken — Disziplinarstrafe, aber 
es ist immerhin höchst bemerkenswert, dass hier mit dem bei 
uns fast?°® durchweg zum Durchschlag gekommenen Prinzip, dass 
Verpflichtungen aus Verträgen rein zivilrechtlicher Natur sind, den 
Eingeborenen gegenüber gebrochen wurde. Die Verordnung des 
Reichskanzlers vom 22. April 1896 bestimmt hierüber in $ 17: 
Eingeborene, welche in einem Dienstverhältnis oder einem 
Arbeitsvertragsverhältnis stehen, können auf Antrag der Dienst- 
oder Arbeitgeber wegen fortgesetzter Pflichtverletzung und 
Trägheit, wegen Widersetzlichkeit oder unbegründeten Ver- 
lassens ihrer Dienst- oder Arbeitsstellen, sowie wegen sonstiger 
erheblicher Verletzungen des Dienst- und Arbeitsverhältnisses 
disziplinarisch von dem mit Ausübung der Strafgerichtsbarkeit 
betrauten Beamten mit körperlicher Züchtigung, und in Ver- 
bindung mit dieser Strafe oder allein, mit Kettenhaft nicht 
über 14 Tagen bestraft werden °®, 
Nach dem übereinstimmenden Urteil aller Kenner unserer 
kolonialen Verhältnisse ist eine derartige Bestimmung, so sehr 
?5 Eine vollständige Zusammenstellung des Textes aller hierauf bezüg- 
lichen Verordnungen der Kulturstaaten findet sich in dem Werke: La main 
d’oeuvre aux colonies, Brüssel 1901. 
a Ein Rest findet sich beispielsweise in Art. 106 Bayer. PolStGB 
für Dienstboten. 
” Aehnlich die Verordnung für Kiautschou vom 1. Juli 1898, nur dass 
dort noch auf Geldstrafe bis zur Höhe des Monatslohnes erkannt werden 
kann, und die Verordnung für Neuguinea vom 20. Juni 1900.
	        
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