Full text: Archiv für öffentliches Recht.Neunzehnter Band. (19)

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vollständig. Es mag dies seinen Grund haben in der Tendenz 
der englischen Kolonialpolitik, den Kolonien möglichst bald die 
Selbstverwaltung ihrer eigenen Angelegenheiten zu überlassen 
und — sobald sich irgendwo eine weisse Bevölkerung findet, 
welche befähigt scheint, am öffentlichen Leben Anteil zu nehmen — 
die regierende Tätigkeit des Mutterlandes nach Tunlichkeit ein- 
zuschränken. Deshalb werden fast allenthalben nur die grund- 
legenden Gesetze vom „King in Council“ erlassen, während fast 
die ganze übrige gesetzgebende Tätigkeit in den Händen der 
Lokalbehörden liegt”, wenn auch das „foreign office“ sich das 
Recht vorbehalten hat, jede Anordnung bis herab zur einfachen 
Polizeiverordnung ausser Kraft zu setzen. 
Für die Strafrechtspflege über die Eingeborenen sind fast in 
allen Kolonien als Einzelrichter die Verwaltungsbeamten der ein- 
zelnen Bezirke bestellt, sie führen in dieser Eigenschaft den 
Titel „administrators of native law“. Ihnen übergeordnet ist in 
der Regel ein „native high court“ als Berufungsinstanz. Im ein- 
zelnen sind der Abweichungen viele, ich beschränke mich in fol- 
gendem darauf, den Rechtszustand in Britisch-Ostafrika darzu- 
stellen als einen derjenigen englischen Kolonien, deren Verhält- 
nisse denen unserer Schutzgebiete am nächsten verwandt sind. 
Das die Grundlage bildende Gesetz ist die „East Afrika 
native court amendement ordinance“ von 1902. Danach wird 
die Strafrechtspflege über die Eingeborenen von dem Verwaltungs- 
beamten jedes Distriktes oder dessen Stellvertreter ausgeübt. Er 
entscheidet als Einzelrichter, hat jedoch auch das Recht, und 
soweit es durch Anordnung des „High Court for East Afrika 
  
spanischen, italienischen und dänischen Kolonien in den Kreis der Betrach- 
tung zu ziehen. 
”® Vgl. The East Afrika Order in Council 1902. Die einzige Beschrän- 
kung, der der Gouverneur, abgesehen von den gesetzlichen Grenzen, unter- 
liegt, kommt in Art. 12 Ziff. 3 der Order zum Ausdruck: „In making ordi- 
nances, the Commissioner shall respekt existing native laws and customs, 
except so far as the same may be opposed to justice and morality.“
	        
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