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Instanz ausgeschaltet. Im übrigen sprechen sie Recht in allen
Strafsachen, die der Resident vor sie verweist, und sind aus-
schliesslich zuständig bei todeswürdigen Verbrechen und Amts-
vergehen eingeborener Beamter. Ihre Urteile sind revisibel nach
den gleichen Normen wie die der Landraden.
Zwei Kategorien von strafbaren Handlungen sind der Juris-
diktion der Eingeborenengerichte entzogen, einmal die Polizei-
übertretungen, soweit sie mit einer Höchststrafe von 100 fl. in
Geld, 8 Tagen Gefängnis oder 3 Monaten öffentlicher Arbeiten
bedroht sind, sodann Pressvergehen, Konkursverbrechen, See-
räuberei, Sklavenhandel, und alle strafbaren Handlungen, welche
von eingeborenen Fürsten begangen werden, die mindestens im
Range eines Regenten stehen.
Die Polizeistrafgewalt — politierol — übt der Resident und
seine an allen grösseren Orten als Einzelrichter bestellten Vertreter
aus; gegen ihren Spruch ist kein Rechtsmittel gegeben. Die von
der Eingeborenenjurisdiktion eximierten Verbrechen führen an
die „raden van justitie“, ein mit einem rechtsgelehrten Richter
und vier europäischen Beisitzern besetzter Gerichtshof, dessen Ur-
teile revisibel sind.
In allen Strafsachen, in denen die Täter oder Teilnehmer
verschiedenen Stämmen angehören, ebenso allemal dann, wenn
Weisse und Farbige in eine Strafsache verwickelt sind, ist zu-
ständig der beiden gemeinschaftlich Vorgesetzte, bzw. der
höchste Richter, vor den auch nur einer der Beteiligten gehört.
Vor allen, auch vor den Distriktsgerichten, tritt ein öffent-
licher Ankläger auf, es ist dies bei den Distrikts- und Regent-
schaftsgerichten stets, bei den Landraden und Rechtsbanken van
Omgang in der Regel ein eingeborener Häuptling. Die Staats-
anwaltschaft ist dezentralisiert, ohne Jus devolutionis, jeder einzelne
ist dem Residenten direkt unterstellt.
Was das materielle Strafrecht anlangt, so existiert ein be-
sonderes, nach Aufbau und Inhalt von dem europäischen wesent-