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Verschiedenheit der einzelnen Stämme in Kultur und Sitte, ich
glaube, dass diese Schwierigkeit verhältnismässig leicht überwunden
werden könnte, sondern vor allem in der Vereinigung theoretisch-
wissenschaftlicher Postulate, mit den sich in den Kolonien weit
vordringlicher als im Mutterland geltend machenden Forderungen
der Praxis und der Politik. Gerade der strafrechtliche Zweig
der kolonialen Rechtspflege ist eine im eminenten Sinne politische
Aufgabe des kolonisierenden Volkes, es gilt hier klug zu ver-
mitteln zwischen dem Streben, europäische Anschauung von Sitte
und Moral der Bevölkerung einzupflanzen, Recht, Ruhe und
Ordnung im Lande zu erhalten auf der einen Seite — ander-
seits der unabweisbaren Forderung, allezeit auf die tatsächlichen
Machtverhältnisse Bedacht zu nehmen, und in weiser Schonung
dessen, was den Eingeborenen recht und heilig ist, sie unter die
deutsche Herrschaft nicht zu zwingen, sondern für dieselbe zu
gewinnen®®, Dies führt unmittelbar dazu, ein Postulat, welches
uns für die heimischen Verhältnisse selbstverständlich erscheint,
als schlechterdings unbrauchbar für die Kolonien (wenigstens den
Eingeborenen gegenüber) von der Hand zu weisen: die Trennung
der Justiz von der Verwaltung“.
®°® In der Aeusserung des Landeshauptmanns von Togo zu dem er-
wähnten Entwurf des Kolonialrates heisst es wörtlich: „Es kommt hinzu,
dass auch die Uebung der Gerechtigkeit in kolonialen Verhältnissen leider
nicht immer allein ausschlaggebend sein kann, der Zustand, dass politische
Erwägungen gelegentlich dazu nötigen, mit ungleichem Masse zu messen,
und dass der Kolonialbeamte im Innern zuweilen in die Lage kommt, im
Interesse einer gesunden Entwicklung seines Bezirkes ein Auge zuzudrücken,
wird sich noch auf längere Zeit nicht beseitigen lassen. So würde es sich
z. B. unter Umständen nicht empfehlen, einen Häuptling, der seine zuchtlose
Dorfbewohnerschaft gut im Zaume hält, aber vielleicht einige Menschenleben
auf dem Gewissen hat, ohne weiteres hinzurichten und damit das Dorf oder
die Landschaft der Unordnung preiszugeben. Ebenso unzweckmässig könnte
es unter Umständen sein, einen Häuptling wegen eines Aktes schwerer
Körperverletzung längere Zeit an die Kette zu legen.“
% Uebereinstimmend KÖsBner, Die Organisation der Rechtspflege in
den Kolonien S.6 ff. Ebenso die Aeusserung des kaiserlichen Bezirksrichters