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die Verfolgung überhaupt unterbleiben müssen, denn bei den
grossen Entfernungen, den mangelhaften Kommunikationsmitteln
wird es häufig einfach unmöglich sein, Angeklagte und Zeugen
zur Gerichtsstelle zu schaffen. Deshalb wird der bisherige Rechts-
zustand, welcher die Rechtsprechung über die Eingeborenen der
Verwaltungsbehörde zuweist, auch als Grundlage einer neuen Ver-
ordnung beizubehalten sein.
Die Ausübung der Gerichtsbarkeit über die Eingeborenen
durch Verwaltungsbeamte bildet zweifellos eine wertvolle Garantie
einer politisch-vernünftigen, den Anschauungen der Eingeborenen
in ausreichendem Masse Rechnung tragenden Rechtspflege. Aber
diese Garantie ist allein noch nicht ausreichend. Es muss der
farbigen Bevölkerung auch unmittelbarer Einfluss auf die Recht-
sprechung gewährt werden. Sie müssen Gelegenheit erhalten,
ihre rechtlichen Ueberzeugungen geltend zu machen und den
weissen Beamten, der oft beim besten Willen nicht im stande
ist, so, wie es wohl wünschenswert wäre, in Sitte und Kultur des
Volkes einzudringen, in der Rechtsfindung zu unterstützen. Das
hat natürlich seine grösste Bedeutung im Zivilrecht. Hier ist
es für die erb- und familienrechtlichen Verhältnisse von geradezu
vitalster Bedeutung, dass dieselben sich auf dem Boden der ge-
wohnten Rechtsordnung abspielen. Aber auch im Strafrecht ist
es, wenn nicht bei der Bestimmung der strafbaren Handlung, so
doch für das Strafausmass von der allergrössten Bedeutung, die
Ansichten der Gerichtsunterworfenen über gut und böse kennen
zu lernen.
Durch die Beteiligung Eingeborener an der Rechtsprechung
wird auch jedenfalls das Vertrauen zur deutschen Rechtsprechung
in hohem Grade gefestigt und erhalten, das Eindringen unserer
Rechtsanschauungen vorbereitet und erleichtert. Es ist dadurch
gewissermassen der Bevölkerung eine Kontrolle eingeräumt, sie sieht
das ehrliche Streben, gerecht und unparteiisch zu sein und ihren