(rewohnheiten nachzugeben, soweit es irgend angeht, anderseits wird
es einem geschickten Beamten, der die Gabe hat, mit den Leuten
umzugehen und seinen Einfluss geltend zu machen, unschwer ge-
lingen, mit der Zeit den Gerichtsbeisitzern verständlich zu machen,
dass und warum er in einzelnen Fällen von ihren Ansichten ab-
weichen musste. Dadurch wird es vielleicht in absehbarer Zeit
gelingen, einen Stamm von Eingeborenen heranzuziehen, die hin-
reichend mit europäischem Rechte vertraut sind, um ihnen die
niedere Gerichtsbarkeit anzuvertrauen und so in bedeutendem
Masse unsere Beamten zu entlasten.
Nun könnte man vielleicht gegen die Eingeborenenbeteiligung
anführen, dass die Kulturstufe der Bevölkerung eine zu verschie-
dene ist, dass es in manchen Schutzgebieten Eingeborene, die
sich zu Gerichtsbeisitzern eignen, überhaupt nicht gibt (Kame-
run, China) und deshalb eine generelle Aufstellung dieses Postu-
lates nicht möglich sei. Aber dieser Einwand verliert an Gewicht,
wenn man bedenkt, dass den farbigen Beisitzern irgend welcher
autoritative Einfluss auf die Entscheidung nicht zukommen soll.
Denn keineswegs kann ihnen mehr als ein votum consultativum
zugestanden werden, es wäre dem Ansehen des Beamten im
höchsten Grade abträglich, wenn er, wie ein deutscher Schöffen-
richter, von den Beisitzern majorisiert werden könnte°®, Eine ein-
fache Meinungsäusserung wird aber von jedem, kulturell noch so
tief stehenden Eingeborenen zu erlangen sein, und es muss eben
die Aufgabe des Richters sein, seine Beisitzer mit der Zeit zu
brauchbaren Ratgebern heranzuziehen, im übrigen aber zu prüfen,
inwieweit ihre Aeusserungen Verwendung finden können, und
ihnen nur einen dementsprechenden Einfluss auf seine Entschei-
dung einzuräumen.
Auffallenderweise macht der Entwurf des Kolonialrates nur
3 Uebereinstimmend der Ausschuss des Kolonialrates Per. VI Druck-
sache No. 30.