2. Handlungen der Eingeborenen, welche allgemeine Inter-
essen nicht verletzen, wohl aber in Widerspruch mit unserem
Rechtsgefühl stehen und nach deutschem Recht strafbar wären.
Hierzu kommt dann noch eine beschränkte Anzahl von Tat-
beständen, die bei uns nicht unter Strafe gestellt sind, wohl aber
nach den Anschauungen der Eingeborenen bisher als unerlaubt
galten und daher eine gewisse Berücksichtigung erheischen.
In der ersten Gruppe haben jedenfalls grundsätzlich die
rechtlichen Anschauungen der Eingeborenen vollkommen ausser
Ansatz zu bleiben, sie sind nach unserem Recht und in allen
Kolonien einheitlich zu beurteilen. Damit soll aber nicht gesagt
werden, dass nunmehr für diese Tatbestände ohne weiteres das
Reichsstrafgesetzbuch zur Anwendung zu kommen hat. Dasselbe
erscheint aus einer Reihe von Gründen für die Schutzgebiete
schlechterdings unanwendbar.
Vor allem sind die Bestimmungen desselben für die — wie
schon erwähnt — zum grossen Teil nicht juristischen Beamten
viel zu umständlich, dieselben werden mit dem allgemeinen Teil
nichts anzufangen wissen und für subtile Unterscheidungen, wie
sie zwischen Diebstahl und Unterschlagung, Erpressung und
Nötigung bestehen, dürfte ihnen das nötige Verständnis fehlen.
Ein zweiter Punkt ist der, dass die Strafrahmen des Straf-
gesetzbuchs in ihrer unteren, ebenso wie in ihrer oberen Grenze
häufig den kolonialen Verhältnissen nicht entsprechend sind. Auf
der einen Seite müssen wir berücksichtigen, dass in den Kolo-
nien, je niedriger die Kulturstufe der Eingeborenen, desto ge-
ringer ihre Achtung vor den bei uns allgemein anerkannten Rechts-
gütern ist. Hier würde selbst das Mindestmass der reichsgesetz-
lich angedrohten Strafe in vielen Fällen geradezu drakonisch er-
scheinen. Das schon vorgeschlagene Mittel, die Farbigen als
Minderjährige unter 18 Jahren zu behandeln, erscheint doch
stark gekünstelt. Hier muss mit verhältnismässig milden Strafen
vorgegangen werden, und wo Aberglaube, Religion oder Sitte die