Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zwanzigster Band. (20)

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In der Reichstagskommission war auch für Inländer, die 
ihren Wohnsitz im deutschen Reiche aufgeben, eine Kapitalab- 
findung angestrebt worden (Kommissionsbericht Nr. 703a der 
Reichstagsdrucksachen von 1898/1900 8. 99). Regierungsseitig 
ist indes diesem wohlgemeinten, aber auf ungenügende Kenntnis 
der Verhältnisse gestützten Vorschlag entgegengehalten, dass dem 
Inländer, der seinen Wohnsitz im deutschen Reiche vorüber- 
gehend aufgebe, anstelle der für Ausländer vorgesehenen ge- 
ringen Abfindung das viel wertvollere Recht zustehe, durch Rück- 
kehr in das Reichsgebiet jederzeit wieder in den Genuss der Un- 
fallrente zu treten. Auf diese Gestaltung könne im öffentlichen 
Interesse nicht verzichtet werden, weil der Inländer, anders als 
der Ausländer, jederzeit berechtigt sei, in das Inland zurückzu- 
kehren. Sei er dann vorher mit einem kleinen Kapitalbetrage 
abgefunden, so falle er, entgegen der Absicht des Gesetzes, der 
Armenpflege zur Last. Man wird diesen Ausführungen durch- 
aus zustimmen müssen; ebenso ist es aber auch zu billigen, dass 
durch den Reichstag die Abfindung der Ausländer von dem An- 
trag derselben abhängig gemacht ist, nachdem man den festen 
Dreijahrsbetrag dafür gleichmässig vorgeschrieben hat (das. S. 100). 
Die Einwendungen, welche bei v. WOEDTKE-CASPAR (G.U.V.G. 
5. Aufl. Anm. 10 zu $ 95 S. 427) gegen das Nebeneinanderbe- 
stehen dieser Vorschrift und der für Grenzgebiete zulässigen Ab- 
weichungen erhoben sind, halte ich nicht für zutreffend, weil das 
Reich ein Interesse daran hat, geschäftlich ungewandte Renten- 
empfänger in den Grenzbezirken besser zu schützen, als sie selbst 
dazu imstande sind. 
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bericht des Reichs-Vers.-Amts für 1904 ist von demselben in einem ein- 
gehenden Gutachten die Frage erörtert, ob und inwieweit die belgische Un- 
fallversicherung (Gesetz vom 24. Dezember 1903) als der deutschen im Sinne 
des $ 4 G.U.V.G. entsprechend anzusehen ist, und ob die den Ausländern 
ungünstigen Bestimmungen der 88 21 und 94 Ziffer 2 G.U.V.G. zugunsten 
des belgischen Staates ausser kraft gesetzt werden können, vgl. Reichs- 
tagsdrucksachen v. 1905, Nr. 703, S. 12.