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stehenden rechtlichen Vermutung einnehmen will. Während nun
in Bezug auf das zuerst erwähnte Anerkenntnis im Wesent-
lichen kein Streit besteht, vielmehr allgemein angenommen wird,
dass dieses Anerkenntnis ausschliesslich vom Könige bezw.
der von ihm delegierten Adelsbehörde ausgestellt werden kann,
gehen hinsichtlich der Kompetenz in Bezug auf die auf Grund
des 8 19 II 9 ALR.zu treffenden Entscheidungen die Meinungen
namentlich in neuerer Zeit weit auseinander. Ganz besonders
hat das Kammergericht in zwei neueren Entscheidungen !" ver-
sucht, den Entscheidungen der Gerichte eine höhere Bedeutung
beizulegen, ihnen die Entscheidung in Adelssachen zuzusprechen
und dem Heroldsamt gewissermassen nur eine begutachtende
Stellung zuzuweisen. Die Versuchung lag insofern vielleicht
nahe, als in früheren Zeiten die Stellung des Heroldsamts zu
den Gerichten teilweise wenigstens selbst von den höchsten Be-
hörden nicht mit der erforderlichen Schärfe und Unzweideutig-
keit ins gehörige Licht gesetzt worden ist. Denn wenn die In-
struktion!! des Justizministers vom 16. Februar 1838 sämtlichen
Gerichtsbehörden vorschrieb, in Fällen vermeintlicher Adelsan-
massung, die zu ihrer Kenntnis gelangen, vor der Einleitung
einer Untersuchung zunächst den Beweis der Zuständigkeit des
Adels zu erfordern und dem Befunde nach wegen der gesetz-
widrigen Adelsanmassung eine Verwarnung an das betreffende
Individuum ergehen zu lassen, bei obwaltenden Bedenken über
die Zuständigkeit des Adels aber zwecks Rückfrage bei
dem Minister des Königlichen Hauses (der damaligen Adelsbe-
hörde) zu berichten, oder wenn die Allgemeine Verfügung des
Justizministers '* vom 13. Juni 1855 die Gerichte auf die Ein-
10 Vgl. die in Anm. 2 erwähnte Entscheidung und Jonow Bd. 288. A.
167 (OLG. 10 8. 42).
ı! KAmPpTz Jahrbücher für die preussische Gesetzgebung u. s. w. Bd. 51
S. 177.
12 Justizministerialblatt pro 1855 S. 175.