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die Tätigkeit der Gerichte auch in Adelssachen uneingeschränkt
sei, sondern da die Gerichte mit Adelssachen als öffentlich-
rechtlichen Angelegenheiten an sich überhaupt nichts zu tun
haben, so kann in dem Anhangsparagraph 120 nicht eine Aus-
nahmevorschrift, sondern nur die Bestätigung des allgemeinen
Prinzips, dass die Gerichte mit Entscheidungen in Adelssachen
nicht befasst sind, gefunden werden. Welchen Sinn sollte es
wohl auch haben, wenn in dem Falle der Erneuerung des Adels
bei eingetretener Verdunkelung die Gerichte von der Entschei-
dung ausgeschlossen, in allen anderen Fällen aber zur Entschei-
dung in Adelssachen berufen sein sollten? ein vernünftiges ge-
setzgeberisches Motiv wäre für diese Regelung nirgends erkenn-
bar, ja, nicht einmal denkbar; auch keine Entscheidung, welche
sich mit dieser Frage befasst hat, hat ein solches aufzudecken
versucht. Jeder Zweifel in dieser Beziehung muss aber abge-
sehen von diesen Erwägungen schwinden, wenn man die Ent-
stehungsgeschichte des Anhangsparagraphen in Betracht zieht.
Nachdem bereits in der Deklaration!* vom 24. September 1798
eine dem jetzigen Anhangsparagraphen entsprechende Bestim-
mung getroffen war, nur mit dem Unterschiede, dass die nähere
Beurteilung durch das Kabinetts-Ministerium erfolgen solle, er
ging am 23. Mai 1799 „auf Seiner Königlichen Majestät Aller-
gnädigsten Spezialbefehl“ ein Reskript!®” des Kabinetts-Mini-
steriums an das Kammergericht, in welchem unter anderem fol-
gendes bestimmt ist:
Unter No. 1 (am Ende) „Zeigen sich in Absicht des einen
oder anderen aus einer alten Provinz jungen gebürtigen Mannes
Bedenklichkeiten, so sollen solche von den General-Inspekteurs
Unserem Kabinetts-Ministerio vorgetragen und von diesem eine
genaue Prüfung veranstaltet werden, ob der Adel desselben rich-
. 14 RABE, Sammlung Preussischer Gesetze und Verordnungen Bd. V
Seite 210 unter VI.
15 ebenda S. 461.