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ausgesprochen, dass die Bestimmungen des bürgerlichen Rechts
über die Berechnung von Fristen im Zweifel auch auf den Ge-
bieten des öffentlichen Rechts, z. B. zur Berechnung des Lebens-
alters massgebend sind‘. Die dreissigjährige Verjährungsfrist
hat der hessische Verwaltungsgerichtshof gelegentlich auch auf
Forderungen des öffentlichen Rechts angewendet ®; und die Vor-
schriften des bürgerlichen Rechts über Verzugszinsen galten dem
bayerischen Verwaltungsgerichtshof auch bei öffentlich-rechtlichen
Geldforderungen als durchgreifend °.
Wenn wir diese Urteile und ihre Begründungen prüfen,
dann drängt sich doch unwillkürlich die Frage auf: Wenn hier
stets subsidiär oder analog das bürgerliche Recht zur Anwen-
dung gebracht wird, aus welchen Gründen bringt man es zur
Anwendung und mit welchem Rechte?
Die Beantwortung der zweiten Frage muss hier beiseite ge-
lassen werden: sie ist nicht möglich ohne ein Hinabsteigen in
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S. 117 ff. Aus der Begründung mögen hier einige Sätze folgen. Nach Fest-
stellung des Begriffs des Anspruchs auf Herausgabe einer unberechtigten
Bereicherung heisst es: „Nun kann nicht bezweifelt werden, dass, ebenso
gewiss wieim Privatrecht, auch auf dem Gebiete des öffentlichen Rechtes Fälle
einer ungerechtfertigten Bereicherung vorkommen können. Soweit hierüber
das Öffentliche Recht eigene Bestimmungen enthält, hat es selbstverständ-
lich bei diesen zu bewenden. Insoweit dies aber nicht der Fall ist, und
die Geltendmachung des Anspruchs auf Herausgabe trotz objektiven Vor-
handenseins einer Bereicherung nicht etwa durch die Vorschriften über die
Rechtsmittelformen und -fristen und die formelle Rechtskraft des Verwal-
tungsaktes ausgeschlossen wird, erscheint auch hier der Anspruch auf
Herausgabe der grundlosen Bereicherung ebenso zulässig wie geboten, wo-
bei das bürgerliche Recht aushilfsweise zur Anwendung zu gelangen hat.“
Später wird dann betont, dass zwar im konkreten Fall die Klage sich aut
Bestimmungen des öffentlichen Rechts nicht zu stützen vermöge, dass aber
hieraus nur die Notwendigkeit folge, „zu prüfen, ob die Klage nach den
Sinngemäss anzuwendenden Grundsätzen des BGB. gerechtfertigt erscheint.“
’ Vgl. Reaers Sammlung Bd. 22 8. 399.
8 U,.v. 21. V. 04 bei REGEr, Ergänzungsbd. 3 S. 313.
® Entsch. v. 9. XI. 1886 bei REGER Bd. 8 S. 160; anders neuerdings
das sächsische OVG., vgl. Jahrb. SächsOVG. Bd. 8 8. 3.
Archiv für öffentliches Recht. XXIV. 1. 9