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werden; also doch immerhin eine Antwort. Demnach wäre (bei
strenger Interpretation des Gesetzes) der Antrag des Minder-
jährigen nicht schlechthin nichtig, unbeachtlich, vielmehr ver-
pflichtete er die Behörde zur Antwort; und zur rechtswirksamen
Entgegennahme dieser Antwort würde dann der Minderjährige
doch wohl auch selbständig befähigt sein, und zwar, ohne dass
dabei eine Altersgrenze nach unten ersichtlich wäre! Indes wird
auf solche Fälle noch zurückzukommen sein. — In den Gesetzen
über die Verwaltungsrechtspflege wird dann verschiedentlich eben-
falls von „Prozessfähigkeit“ gesprochen — so beispielsweise in
& 12 Abs. 2 des badischen Gesetzes vom 14. VI. 1884 von der
Vertretung der Parteien in der mündlichen Verhandlung durch
eine prozessfähige Person —; der hier gebrauchte Ausdruck
„Prozessfähigkeit“ bestimmt sich inhaltlich jedenfalls entsprechend
dem Begriffe der Prozessfähigkeit in der OPO. Nach 8 414
StPO. kann die Befugnis zur Erhebung der Privatklage seitens
solcher Personen, die einen gesetzlichen Vertreter haben, nur
durch diesen ausgeübt werden. Nach $ 65 RStGB. kann der
gesetzliche Vertreter eines Minderjährigen stets selbständig und
sogar, solange der Minderjährige noch nicht 18 Jahre alt ist,
ausschliesslich einen Strafantrag wegen eines gegen den Minder-
jährigen begangenen Antragsdeliktes stellen. — Die Zahl dieser
Beispiele liesse sich noch etwas vermehren ; aber es fehlt sehr
viel, dass man von einer im allgemeinen gleichmässigen Regelung
der Geschäftsfähigkeit im öffentlichen Recht und im Privatrecht
reden könnte, Denn in sehr zahlreichen Fällen setzen die Nor-
men des öffentlichen Rechts andere Altersstufen.
Da haben wir zunächst das sog. Unterscheidungsalter, annus
discretionis, d. h. die Altersstufe, nach deren Erreichung das
Kind frei über die Wahl seiner Religion oder Konfession ent-
scheiden kann; und zwar rechtlich völlig frei; der Wille andrer
Personen ist von der Erreichung jenes Alters an für den „Un-
terscheidungsreifen“ ohne jede rechtliche Bedeutung. Dieses