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oben ausgeführten Sinn zum Ausdruck kommt. Sonach ist es
nicht die Fähigkeit, Rechte und Pflichten privater oder öffent-
licher Art zu haben, welche das Wesen der Vollpersönlichkeit
ausmacht, sondern die selbständige Willens- und
Zweckträgerschaft; aus dieser folgt die Fähigkeit, Trä-
ger von Rechten und Pflichten zu sein, von selbst als eine der
notwendigsten Konsequenzen *. Für das Gebiet der privaten Rechts-
persönlichkeit kommt allerdings nur der Begriff der Vollpersönlich-
keit in Betracht. Wesen mit einzelnen privaten Rechten oder Pflich-
ten, z. B. dem alleinigen Recht der Vermögensfähigkeit (GIERKE:
„Reine Vermögenspersonen‘“) sind zwar denkbar, aber in unserem
Rechtssystem kaum ausgebildet®. Anders auf dem Gebiet der
öffentlichen Rechtspersönlichkeit, vor allem der kirchlichen Rechts-
subjekte. Hier gibt es zahlreiche Wesen, denen der Staat nur
vereinzelte öffentlich-rechtliche Befugnisse oder Pflichten zuerteilt,
hierdurch allein aber deren Rechtspersönlichkeit noch nicht an-
erkennt. Zunächst gilt das von einzelnen Religionsgesellschaften
als solchen, für welche im folgenden genau zu prüfen sein wird,
ob in der Verleihung einzelner öffentlicher Rechte oder Pflichten
bereits die Verleihung der öffentlichen Rechtspersönlichkeit zu
finden ist. Um nur ein Beispiel anzuführen, so sei auf den Schutz
des $ 166 RStGB. hingewiesen, der gleichmässig alle mit juristi-
* Anders GIERKR G.Th. 169 ff. Er hält das Charakteristikum der Ver-
mögensfähigkeit für das Ausschlaggebende und unterscheidet darnach Voll-
pers., d. h. Personen mit Vermögensfähigkeit oder juristische Personen
und andererseits unvollkommene oder relative Personen ohne Vermögens-
fäligkeit. Wesen der letzteren Art bezeichnet er, falls sie wenigstens Öffent-
liche Rechte oder Pflichten haben, als öffentlich-rechtliche Persönlichkeiten.
Im Gegensatz dazu wird hier der Begriff der Vollpersönlichkeit in gleicher
Weise für die Privatrechtsfähigkeit, wie für die Öffentliche Rechtspersön-
lichkeit gebraucht. Das charakteristische Unterscheidungsmerkmal wird
in dem Vorhandensein bezw. Nichtvorhandensein einer selbständigen Willens-
und Zwecksubjektivität für den Kreis privater oder öffentlicher Rechte ge-
funden,
° GIERKE, G.Th. S. 609.