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der Tat ist ja nach unsrer heutigen Rechtsauffassung in der
Amtshandlung des Beamten nicht das physische Subjekt des Be-
amten, sondern der durch dieses repräsentierte Staat selbst als
eigentlich handelndes Subjekt zu denken °’, so dass in der Tat
auf die Geschäftsfähigkeit des handelnden Beamten rechtlich
nicht so sehr viel ankommt. Und doch: ein Gefühl der Be-
fremdung werden wir schwer los, wenn wir bisweilen recht ein-
schneidende Hoheitsrechte gehandhabt sehen durch Minderjährige,
welche selbständig nicht über ihr eigenes Vermögen disponieren,
ihre Zivilprozesse nicht führen können. Denn wenn das BGB.
die unbeschränkte Geschäftsfähigkeit erst mit einundzwanzig
Jahren beginnen lässt, so ist der legislatorische Grundgedanke
doch der, dass vor Erreichung dieser Altersstufe der normale
Mensch die nötige Verstandsreife zu überlegtem, selbstbestim-
mendem Handeln noch nicht im vollen Umfang besitzt 5; und
diese Erwägung müsste eigentlich doch auf allen Rechtsgebieten
ihre Bedeutung haben. — Solange in Preussen noch der alte
Mündigkeitstermin des vierundzwanzigsten Lebensjahres Geltung
hatte, konnte sogar der groteske Fall eintreten — tat-
sächlich ist derartiges vorgenommen —, dass ein Minder-
jähriger zwar die richterlichen Funktionen selbständig aus-
übte, zur Führung eines eigenen Rechtsstreites, aber z. B. über
len Ankauf eines Strohhutes, des Eingreifens seines gesetzlichen
Vertreters bedurfte. Ja, es konnte sogar möglicherweise ein
Minderjähriger als Vormundschaftsrichter (z.
B. infolge einer Stellvertretung) fungieren! Krasse Fälle die-
ser Art können heute freilich kaum mehr vorkommen: ein
wanzigjähriger Zivilrichter existiert im Deutschen Reiche nicht,
und es ist auch nicht anzunehmen, dass irgendwo ein Minder-
aequissimum est tueri sententiam ab eo (nämlich: a minore viginti quinque
annis iudice) dietam, nisi minor decem et octo annis sit.“
5 Vgl. Gg. JELLINEK, System der subj. öff. Rechte Kap. XIII, nament-
lich S, 224 ff.
® Vgl. EnDEMAnNN a. a. O. Bd. IS. 122 ff.