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keit, sich selbständig durch Verträge zu verpflichten, würde hier
wohl im allgemeinen die Fähigkeit treten, selbständig ein Tätig-
werden der Verwaltungsbehörden im eigenen Interesse herbeizu-
führen #. Für das Beschwerdeverfahren gegen polizeiliche Straf-
verfügungen werden weiterhin in Bezug auf die hier interessie-
rende Frage unbedenklich die Normen anzuwenden sein, die
für das Verfahren vor den Strafgerichten massgebend sind.
Auch wird man wohl wenigstens im allgemeinen Kinder un-
ter sieben Jahren auch im öffentlichen Recht als völlig ge-
sch äftsunfähig ansehen dürfen; allerdings: würde man nicht auch
einem sechsjährigen Schulkinde das Recht zusprechen müssen,
sich selbständig über eine Schulstrafe z. B. beim Schulvorstand
zu beschweren? Jedenfalls bleibt hier viel des Zweifelhaften.
Und wenn man auch vor der Anwendung von Normen des un-
geschriebenen Rechts m. E. nicht gerade ängstlich zurückzuschrecken
braucht: Vorsicht in ihrer Anwendung ist stets geboten. Denn
jede Festlegung einer gewissen Altersgrenze als Vorbedingung
der gültigen Vornahme eines Rechtsgeschäfts im öffentlichen
Recht gibt den Behörden, denen gegenüber das Rechtsgeschäft
vorzunehmen ist, ein Recht der Prüfung, ob bei dem Handeln-
den das erforderliche Alter vorhanden ist, räumt ihnen also Be-
fugnisse gegenüber den Untertanen ein; jede solche Norm, die
sich nicht als auf ausdrücklicher gesetzlicher Grundlage ruhend
nachweisen lässt, bildet also in diesem Sinne eine Durchbrechung
eines der wesentlichsten Prinzipien unseres heutigen Rechtsstaats-
begriffes: eine Durchbrechung des Grundsatzes
der Freiheit der Untertanen vom gesetzwidri-
gen Zwang.
Wo daher das oben geschilderte Verfahren zu einigermassen
®® Wann diese Fähigkeit vorliegt, ist freilich oft schwierig zu sagen;
in einigen Fällen wird man dafür die Vorschriften des BGB. analog heran-
ziehen dürfen, vgl. W. JELLINER a. a. O.; aber oft ist hier m. E. eine Al-
tersgrenze nicht vorgesehen und auch durch Analogie nicht mit Sicherheit
zu ermitteln.