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Literatur.
Walther Schücking, Professor der Rechte in Marburg: Die Organiı-
sation der Welt. Aus den Staatsrechtlichen Abhandlungen, Fest-
gabe für PaAuL LABAnD 1. Band, S. 533—614; Tübingen, J. C. B. Mohr
(Paul Siebeck) 1908.
Der Verfasser behandelt in seiner Schrift eine Frage, der die deut-
sche juristische Literatur vor noch kaum zehu Jahren beinahe ohne Aus-
nahme mit vollster Passivitäl gegenüberstand. Die Zeiten haben sich ge-
ändert. Probleme, deren Betrachtung der Jurist vormals mit einer gewissen
Geringschätzung in den Bereich der philosophischen Spekulation oder der
politischen Schwärmerei verwies, sind heute in rechtlich anerkannte Wirk-
lichkeit verwandelt; überstaatliche Organisationen, von denen vor kurzem
nur Pacifisten zu träumen wagten, versammeln heute Vertreter aller Kul-
turstaaten um den grünen Tisch und füllen stattliche Registraturen. Die
Organisation der Welt geht mit grossen Schritten vorwärts und lässt sich
durch keinen vornehmen Skeptizismus mehr aufhalten. — Folgen wir den
Ausführungen ScH.s: Nach einem kurzen Vorstoss gegen die weitverbreitete,
rein positivistische Methode der Völkerrechtswissenschaft sucht der Ver-
fasser zunächst aus der Geschichte den Beweis zu liefern, dass die ersten
Anfänge des Gedankens des Kosmopolitismus um Jahrtausende zurückliegen.
Schon bei den antiken Völkern Vorderasiens, zunächst bei den Assyrern,
dann bei den Persern, findet er das bewusste — wenn auch mehr von dem
natürlichen Willen zur Macht, als von dem Gedanken des Weltbürgertums
getragene — Bestreben, den ganzen Kulturkreis der damaligen Welt einer
einheitlichen Herrschaft zu unterwerfen. Der Eroberer des Perserreichs
gibt der Weltstaatsidee einen höheren Inhalt; Alexander der Grosse prägt
„den Weltstaatsgedanken der Antike, indem er den Kosmopolitismus der
Cyniker vereint mit der Tendenz des Kulturstaates, den die griechische
rörıg entwickelt hat“ (S. 543), Nach dem Zusammenbruche seines Reichs
geht die Idee eines Weltkulturreiches auf Rom über. Während die klas-