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aus dem Inhalt und aus dem Geist dieses Wahlgesetzes selbst
beantwortet werden.“
Diese Auffassung ist sodann durch Beschluss des Reichs-
tages im Plenum vom 25. April 1874 (Aktenstücke 275 6. Le-
gisl.-Periode 1. Session) gebilligt und der Beschluss dem Reichs-
kanzler zur Kenntnis überwiesen worden. Ex professo hat
dann der Reichstag noch einmal die Frage der Heranziehung
des Landesarmenrechts zur Bestimmung des Begriffs der Armen-
unterstützung behandelt und zwar in dem Berichte der Wahl-
prüfungskommission betreffend die Wahl des Abgeordneten
Penzig vom 18. März 1885. Es handelte sich im fraglichen
Falle um Schulgeldrückstände, die gemäss $ 50 der Sächsi-
schen Armenordnung aus der Armenkasse zu bestreiten sind
und demzufolge als Armenunterstützung angesehen werden. Da-
mals stand der Referent Abgeordneter LIEBKNECHT auf dem
Standpunkte, dass lediglich das Armenrecht der verschiedenen
Bundesstaaten ausschlaggebend sei für den Begriff Armenunter-
stützung, eine Ansicht, die in der Kommission lebhaft, unter
anderem damit bekämpft wurde, dass dann ein Konflikt zwischen
Reichs- und Landesrecht vorliege. Es wurde alsdann darauf
hingewiesen, dass das Reichswahlrecht sicherlich etwas anderes
im Auge habe, als Schulgeldrestanten das Wahlrecht zu ent-
ziehen; lediglich der Geist des Wahlgesetzes sei massgebend,
nicht das Armenwesen der Staaten. Zu einer Einigung kam
aber damals die Kommission nicht, sie begnügte sich mit dem
Beschluss, „den Reichskanzler zu ersuchen, in Erwägung zu
ziehen, wie die Verschiedenheit, welche nach $ 3 Ziffer 3 des
Wahlgesetzes in Bezug auf den Anschluss von aktiven Wahl-
rechten infolge von Armenunterstützungen in den einzelnen
Bundesstaaten bestehe, zu beseitigen ist und dem Reichstag das
Ergebnis dieser Erwägung mitzuteilen.“
Dieser Beschluss wurde in der Sitzung vom 30. April 1885
(stenogr. Berichte S. 2425, 89. Sitzung) angenommen. Soweit