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2) Entscheidend ist der Entstehungsakt der Persön-
lichkeit in dem Sinn, dass die öffentlich-rechtlichen Persönlich-
keiten ihren Ursprung nicht einem Privatrechtsgeschäft verdan-
ken, sondern entweder von altersher natürlich entstanden sind
oder auf modernen Aeusserungen des Staatslebens, kurz dem
öffentlichen Recht, beruhen !?.
3) Ausschlaggebend ist der Zweck der Persönlichkeit, bezw.
das Verhalten der Persönlichkeit zu ihrem Zweck. Die öffent-
liche Rechtspersönlichkeit ist kraft öffentlichen Rechts dem Staate
zur Erfüllung ihres Zwecks verpflichtet; sie ist entweder unmittel-
bar zur Erfüllung staatlicher Aufgaben berufen oder unterstützt
wenigstens die allgemeinen Staatszwecke; sie ist dazu da, Öffent-
liche Verwaltung zu führen '®.
Auch das II. Bad. Konstitutionsedikt, bezw. landesherrliche
Verordnung vom 17. Nov. 1883 die Erteilung der Körperschafts-
rechte betreffend, G.- u. V.Bl. S. 324 huldigt dieser Theorie.
Entscheidend nach ihm ist der öffentliche Zweck; der Zweck der
juristischen Person muss „zugleich ein Teil des Staatszwecks und
in dieser Hinsicht einer besonderen Staatseinwirkung empfänglich
und bedürftig“ sein. Nicht wesentlich ist der Staatsperson, dass
sie obrigkeitliche Gewalt hat vgl. $ 9 des II. Konstitutionedikts.
4) Das Unterscheidungsmerkmal liegt darin, dass die Ver-
fassung bei den Öffentlich-rechtlichen Personen nicht durch ge-
willkürte Satzung geregelt ist, sondern durch Rechtsnor-
men,
III. Die vorstehenden Theorien geben keine befriedigende
12 HÖLDER, Kommentar zum BGB. München 1900 S. 201; LANDSBERG, Das
Recht des BGB. I. 109 110; CRoME, System d. deutsch. bürg. Rechts, I. 232/33 ;
E. MAYER in STENGEL’s Wörterbuch des deutschen Verwaltungsrechts
1. 694.
ı3 Rosın, Das Recht der öff. Genossenschaft, Freiburg 1886; WOLFF,
Diss, Erlangen 1897 S. 94; REGELSBERGER, Pandekten I. 317 ff, 353 f.;
Orro MAYER, Deutsches Verwalt.R. II. S. 366 #.
1# REHBEIN, Das BGB. I. 33; EnNECERUS-LEHMANN, Lehrb. d. Bürg.
Rechts, Marburg 1901 I. 83.