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porationen, denen jedes lokale Element und die konkrete Gestalt
mangelt. Aber auch dann, wenn man die Kirchen als reine
Anstalten auffasst, lässt sich eine Rechtspersönlichkeit der Ge-
samtkirchen nicht halten, denn das Wesen der Rechtspersönlich-
keit erfordert ausser der Willens- und Zwecksubjektivität noch
die Anerkennung dieses persönlichen Substrates durch die Staats-
gewalt.e Welcher Staat aber sollte die Rechtspersönlichkeit der
Gesamtkirche anzuerkennen imstande sein? Der Gesamtkirche
fehlt der äussere Rechtsgrund ihrer Existenz, der in der Staats-
kirchenhoheit wurzelt (vgl. oben $ 7). Die Anerkennung der
Rechtspersönlichkeit durch den Staat kann nach dem heute gel-
tenden Territorialitätsprinzip aber sich nicht auf ausserhalb der
Landesgrenzen befindliche Rechtsträger erstrecken °* 5,
Das badische positive staatskirchliche Recht kennt keine
Rechtspersönlichkeit der Gesamtkirche. $ 11 des ersten Konstit.-
Edikts bezeichnet die Kirchengewalt, welche eine im Staate aner-
kannte Kirche zu verlangen berechtigt sei, als eine „innerhalb
des Grossherzogtums ihr zugetane“. & 20 bestimmt, dass die
Kirchengewalt „nur durch einen im Lande seinen ständigen
Aufenthalt habenden Bischof besorgt werden könne, der alle
katholischen Kirchspiele des Grossherzogtums in sich vereinige*“.
Auf demselben Boden steht auch die landesherrl. VO. von
30. Januar 1830, indem sie in & 5 das Genehmigungsrecht des
Staats gegenüber allen päpstlichen Konstitutionen, Bullen oder
Erlassen sich vorbehält, und in $ 10 verbietet, dass Streitsachen
von Katholiken ausserhalb des Bistumssprengels und von aus-
wärtigen Richtern verhandelt werden. Die Konvention von
1859 wurde schon aus dem Grund von den Landständen ange-
fochten, weil der Papst nicht als der berechtigte Kontrahent
angesehen wurde.
ö MEURER Hl.S. II. 73 ft.
5 Vgl. Komm.Ber. von BAER, über den Gesetzesvorschlag : Die Rechts-
verhältn. der Altkath. betr. Beil. z. Prot. 40. Sitzung v. 8. V. 1874 S. 7.