Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 24 (24)

— 214 — 
porationen, denen jedes lokale Element und die konkrete Gestalt 
mangelt. Aber auch dann, wenn man die Kirchen als reine 
Anstalten auffasst, lässt sich eine Rechtspersönlichkeit der Ge- 
samtkirchen nicht halten, denn das Wesen der Rechtspersönlich- 
keit erfordert ausser der Willens- und Zwecksubjektivität noch 
die Anerkennung dieses persönlichen Substrates durch die Staats- 
gewalt.e Welcher Staat aber sollte die Rechtspersönlichkeit der 
Gesamtkirche anzuerkennen imstande sein? Der Gesamtkirche 
fehlt der äussere Rechtsgrund ihrer Existenz, der in der Staats- 
kirchenhoheit wurzelt (vgl. oben $ 7). Die Anerkennung der 
Rechtspersönlichkeit durch den Staat kann nach dem heute gel- 
tenden Territorialitätsprinzip aber sich nicht auf ausserhalb der 
Landesgrenzen befindliche Rechtsträger erstrecken °* 5, 
Das badische positive staatskirchliche Recht kennt keine 
Rechtspersönlichkeit der Gesamtkirche. $ 11 des ersten Konstit.- 
Edikts bezeichnet die Kirchengewalt, welche eine im Staate aner- 
kannte Kirche zu verlangen berechtigt sei, als eine „innerhalb 
des Grossherzogtums ihr zugetane“. & 20 bestimmt, dass die 
Kirchengewalt „nur durch einen im Lande seinen ständigen 
Aufenthalt habenden Bischof besorgt werden könne, der alle 
katholischen Kirchspiele des Grossherzogtums in sich vereinige*“. 
Auf demselben Boden steht auch die landesherrl. VO. von 
30. Januar 1830, indem sie in & 5 das Genehmigungsrecht des 
Staats gegenüber allen päpstlichen Konstitutionen, Bullen oder 
Erlassen sich vorbehält, und in $ 10 verbietet, dass Streitsachen 
von Katholiken ausserhalb des Bistumssprengels und von aus- 
wärtigen Richtern verhandelt werden. Die Konvention von 
1859 wurde schon aus dem Grund von den Landständen ange- 
fochten, weil der Papst nicht als der berechtigte Kontrahent 
angesehen wurde. 
ö MEURER Hl.S. II. 73 ft. 
5 Vgl. Komm.Ber. von BAER, über den Gesetzesvorschlag : Die Rechts- 
verhältn. der Altkath. betr. Beil. z. Prot. 40. Sitzung v. 8. V. 1874 S. 7.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.