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sein. Dieser Wille des Gesetzgebers kommt in der einfachen
Nebeneinandernennung in $ 1 des Kirchengesetzes bereits zum
Ausdruck !!%; er ist übrigens unzweideutig ausgesprochen schon
in $ 8 des 1. Konstitutionsedikts:
Keine der drei vorgedachten christlichen Konfessionen
(kath., ref., luth.) ist in Beziehung auf die andere herrschend,
keine also kann denen ihr zugewandten Gliedern einen Vor-
zug vor Gliedern anderer Konfession in der Zulassung zu
Staatsdiensten und Ehrenvorzügen gewähren.
818 Autonomie und Strafgewalt.
Il. Die Hauptäusserung der öffentlichen Rechtspersönlichkeit
itde Autonomie, dieß@esetzgebungs- oderSat-
zungsgewalt. Sie kommt allen kirchlichen Rechtssubjekten
mit öffentlicher Rechtspersönlichkeit, vorzüglich den auf Grund
des badischen II. Konstitutionsedikts gebildeten Vereinen zu. Die
Autonomie besteht in dem Rechte der Schaffung von Rechtsnor-
men, nicht in dem Rechte, Rechtsverhältnisse durch Rechtsge-
schäfte zu regeln. Die geschaffenen Rechtsnormen brauchen
nicht gleiche Geltung und Bedeutung wie das Staatsgesetz zu
haben, es genügt, wenn sie einen bestimmten Personenkreis bin-
den. Das durch die kirchliche Autonomie geschaffene Recht
steht aber insoweit dem staatlichen Gesetzesrecht gleich !?, Der
wichtigste Folgesatz aus der kirchlichen Autonomie ist der, dass
das kirchliche Recht überall da eingreift, wo das staatliche Recht
eine Regelung nicht getroffen hat, in Baden z. B. auf dem Ge-
biete des Pfründenrechts, des Kirchenstuhlrechts usw. (unten & 23).
Das kirchliche Gesetzgebungsrecht ist beschränkt durch das
Staatsgesetz. Keine Kirche kann aus ihren Gesetzen und Ver-
ordnungen Befugnisse ableiten, welche mit der Hoheit des Staats
oder den Staatsgesetzen in Widerspruch stehen ($ 13 Abs. 2
118 SpoHn, StKR. 8. 3.
119 GIERKE, G.Th. 8, 152.