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Kirchengesetz). Jede kirchliche Verordnung, welche in bürger-
liche oder staatsbürgerliche Verhältnisse eingreift, bedarf zu
ihrer Geltung und zu ihrem Vollzug der Genehmigung des Staats
($ 15 Abs. 1 Kirchengesetz). Endlich müssen alle kirchlichen
Verordnungen in Baden gleichzeitig mit der Verkündigung der
Staatsregierung mitgeteilt werden. Speziell ist das kirchliche
Gesetzgebungsrecht eingeschränkt auf dem Gebiet des Eherechts.
Nach 8 41 des Reichsgesetzes vom 6. Februar 1875 sind für
die Eheschliessungen die Vorschriften des BGB. massgebend, die
kirchliche Gesetzgebung behält nur noch Bedeutung für das Fo-
rum internum ($ 82 des (Gesetzes vom 6. Februar 1875). Das
durch die kirchliche Gesetzgebung aufgestellte Impedimentum
mixtae religionis, das Ehehindernis der Religionsverschiedenheit,
ist vom badischen Recht ausdrücklich abgelehnt worden ($ 4 Kir-
chengesetz).
Für die kirchliche Gesetzgebung bestehen besondere Publi-
kationsorgane, so das Anzeigeblatt für die Erzdiözese Freiburg,
das Verordnungsblatt für die vereinigte evangelisch-protestanti-
sche Kirche 120, Verordnungsblatt des Grossherzoglichen Oberrats
der Israeliten.
II. Den Kirchen ist eine Strafgewalt sowohl in Bezug auf
Klerus wie Laien eingeräumt. Vgl. z. B. $ 110 Ziff. 13 der
evangelischen Kirchenverfassung vom 5. September 1861 120:
Die kirchlichen Straferkenntnisse haben den Charakter von
Disziplinarerkenntnissen. Eingeschränkt ist die kirchliche Straf-
gewalt durch $ 16 des Kirchengesetzes ; darnach können Er-
kenntnisse der Kirchengewalt gegen die Freiheit oder das Ver-
mögen einer Person wider deren Willen nur von der Staatsge-
120 Bekanntmachung des ev. Oberkirchenrats vom 9. April 1861: die
(ründung eines Verordnungsblatts betr. Verordn.Bl. 1861 8. 1.
1202 8 110 Ziff. 13 der evang. Kirchenverfassung lautet: Dem Ober-
kirchenrat steht zu, die Erkennung von Disziplinarstrafen gegen Geistliche,
Kirchenbeamte und Pfarrkandidaten wegen Pflichtverletzung und sittlicher
Unwürdigkeit.
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