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Kirchenvermögens zuwies. Darnach ist anzunehmen, dass auch
das Vermögen der Pfarr- und Messnereipfründen, sowie das
Vermögen der Kirchengemeinden, der Rechtsvertretung des Ober-
stiftungsrats unterliegt. (Vgl. auch Rechtspraxis 1903 S. 48,
1906 8. 65, 249; 1907 8. 210 AG. Karlsruhe IV. ZS. 18.1. 1907.)
Nach 8 4 der Verordnung vom 20. November 1861 wird
das örtliche kirchliche Vermögen durch den Stiftungsrat „ver-
waltet“. Wie sind nun die dem Oberstiftungsrat in & 11 der
Verordnung eingeräumte Befugnis zur Rechtsvertretung und
das dem Stiftungsrat in $ 4 zugestandene Verwaltungsrecht gegen-
einander abzugrenzen? Die Frage kann nur durch Zurückgehen
auf den früheren Rechtszustand gelöst werden. Hier ergibt sich
nun, dass der Vorgänger des heutigen Stiftungsrats, der durch
Verordnung vom 21. Oktober 1820 Reg.Bl. 1827 S. 1 geschaf-
fene Stiftungsvorstand kein Recht zu einer „Verfügung“ über
das seiner Verwaltung unterliegende Vermögen hatte, vielmehr
nur zu Verwaltungshandlungen befugt war. Die Verfüg-
ungs- oder Eigentumshandlungen waren anderen, zentralen Be-
hörden, den Vorgängern des heutigen Oberstiftungsrats, überwie-
sen. Dementsprechend war auch die Vertretungsmacht geteilt.
Diese Verteilung der Zuständigkeit sollte auch nach Schaffung
des Stiftungsrates bestehen bleiben. Auch für den heutigen
Rechtszustand ist anzunehmen, dass der Oberstiftungsrat zu Ver-
fügungen, der Stiftungsrat nur zu Verwaltungshandlungen befugt
ist. Der Ausdruck „Rechtsvertretung“ in $ 11 der Verordnung
begreift sonach in sich nicht nur die Vertretung vor Gericht,
sondern auch die Verfügungsmacht; denn die prozessuale Ver-
tretung folgt aus der Verfügungsmacht.
Was hier von dem Verhältnis des Öberstiftungsrat zum
Stiftungsrat gesagt worden ist, gilt in analoger Weise für das
Verhältnis des Oberstiftungsrats zu den durch das Ortskirchen-
steuergesetz geschaffenen Kirchengemeindeversammlungen bezw.
Kirchengemeindevertretungen. Das ergibt sich vor allem daraus,