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Auch vor den Gerichten sind die Geistlichen privilegiert.
Nach 8 478 der alten badischen bürgerlichen Prozessordnung
vom 18. März 1864 genügte für Beichtväter zur Befreiung vom
Zeugnisse die Beteuerung auf Priesterpflicht, dass sie durch das
Zeugnis die Pflicht der Amtsverschwiegenheit oder das Beicht-
siegel verletzen würden. Durchaus unzulässige Zeugen in bür-
gerlichen Rechtssachen waren nach & 481 die Beichtväter in
Ansehung alles dessen, was ihnen in der Beichte oder unter dem
Beichtsiegel anvertraut wurde. Aehnliche Bestimmungen galten
für den Strafprozess. Ausserdem bestimmte noch $ 127 der
badischen StPO. vom 18. März 1864, dass die Pflicht zur Ur-
kundenherausgabe im Strafprozess sich nicht bezieht auf Schrif-
ten, die zwischen dem Angeschuldigten und seinem Beichtvater
gewechselt worden sind. Ebensowenig konnten nach $ 147 der-
artige Briefe mit Beschlag belegt werden. Gemäss $ 268 ver-
bunden mit Beilage I. $ 4 werden Geistliche auf ihr Verlangen
von der Verpflichtung zum Geschworenendienst befreit. Das-
selbe gilt für das Schöffenamt nach $ 304, verbunden mit Bei-
lage II. 8 218,
In beschränktem Masse gelten diese Privilegien auch heute
noch. Vgl. die 88 34, 85, GVG.$ 52 StPO., 8 383 Ziffer 4 und
Abs. 3CPO. Zu Gunsten der Geistlichen gelten endlich gewisse
Pfändungsbeschränkungen: 88 811, Ziffer 7 und 8 und 850 Zif-
fer 8 CPO.
IV. Den Mitgliedschaftsrechten entsprechen dieM itglied-
schaftspflichten. Solche Pflichten bestehen zunächst für
die eingegliederten physischen Personen gegenüber den Kirchen.
Sie sind hauptsächlich religiöser Natur. Eine Rechtspflicht ist
die Pflicht des Gehorsams oder der Unterwerfung unter die kirch-
liche Verbandsgewalt, ausserdem z. B. die Pflicht zur Entrich-
tung der Kirchensteuer. Die Erzwingung dieser Pflichten durch
1886 SpoHn, StKR. S. 44.