— 301 —
jus reformandi, das jus advocatiae und das jus supremae inspec-
tionis. Welche Bedeutung das jus reformandi für die
kirchliche Rechtspersönlichkeit hat, ist oben ($ 7 am Ende) dar-
gelegt worden, wo die Behauptung aufgestellt wurde, dass der
äussere Rechtsgrund der kirchlichen Rechtspersönlichkeit in dem
jus reformandi des Staats ruhe. Es erübrigt daher, noch die
Einwirkungen des jus advocatiae und des jus supremae inspec-
tionis auf die kirchliche Rechtspersönlichkeit einer Untersuchung
zu unterwerfen.
A. Das jusadvocatiae.
Im weitesten Sinn umfasst das jus advocatiae „die Gesamt-
heit derjenigen staatlichen Tätigkeiten, in welchen der Staat durch
Förderung und Schutz des Kirchenwesens das Anerkenntnis der
Bedeutung desselben für das Volksleben und das Staatswohl
zum Ausdruck bringt“ !#,. In diesem Sinn äussert sich das jus
advocatiae teils in direkter Unterstützung der kirchlichen Rechts-
personen, z. B. durch Staatszuschüsse (vgl. oben $ 22 B), oder
durch Gewährung des Brachium säculare, des weltlichen Arms,
zur Zwangsvollstreckung kirchlicher Verfügungen (oben $ 18]),
teils in Berücksichtigung der Kirchen im öffentlichen Leben
(oben & 19 ]), teils durch Beteiligung der Kirche an staatlichen
Anstalten und am Unterrichtswesen (oben 8 19 Il), dann aber
auch in der Erhaltung der Parität im Verhältnis der Religions-
gesellschaften zum Staat (oben 8 17 I), im Verhältnis des Staats
zu den Kirchenangehörigen (vgl. S 10 der badischen Verfassungs-
urkunde), und endlich im Verhältnis der Religionsgemeinschaften
untereinander (oben & 19 II).
In engem und strengem Sinn bedeutet das jus advocatiae
nurden strafrechtlichen Schutz der Kirchen und
Religionsgemeinschaften. Dem strafrechtlichen Schutz liegt der
Gedanke zugrunde, dass der Glaube und die Gegenstände der
————
197 Kanı, System 380 ff.