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ein Öffentliches Interesse angesehen. Desgleichen hat man das im
Interesse der Allgemeinheit der Dienstnehmer vielleicht ganz
wünschenswerte Verbot, nicht mit einem Arbeitsbuch versehene
Dienstboten anzustellen, für ungesetzlich erachtet, da dieser Gegen-
stand nicht genügend die öffentliche Ordnung interessiert.
Eine Folge dieses allgemeinen Satzes, dass die Polizeigewalt
nur für öffentliche Interessen, nicht für Interessen Privater tätig
werden kann, ist dann der andere, der besonders bei der ange-
gebenen Beurteilung der Einsturzgefahr bei Häusern massgebend
ist, dass die Polizei niemanden vor den Gefahren zu schützen
hat, denen er sich selbst aussetzt. „Die Polizei hat die Aufgabe
jeden von uns gegen die Gefahren zu schützen die ihm von den
andern drohen, nicht aber uns gegen uns selbst zu schützen®!:
aucune loi ne fait des administrateurs et des policiers les gardiens
de la securite individuelle des administrates contre eux-mä&mes ®%,
Derselbe Grundsatz gilt im preussischen Recht auf Grund des $ 10
II. 17 ALR. wonach der Einzelne nicht als solcher, sondern nur
als Mitglied des Publikums Gegenstand des polizeilichen Schutzes
ist; die Polizei darf nur dann Massregeln zum Schutze des
Einzelnen treffen, wenn dieser als Glied des Publikums auftritt.
Daher hat insbesondere auch die Rechtsprechung anerkannt,
„dass es Aufgabe der Polizei im allgemeinen nicht ist, die Men-
schen gegen sich selbst zu schützen“ ®%,
Der Grund, dass die Polizei niemanden gegen sich selbst
zu schützen habe, wird häufig als Argument gegen die Recht-
mässigkeit der sog. Reglementierung der Prostitution geltend
gemacht, insofern diese nämlich sanitäre Zwecke verfolgt. Das
veranlasst mich, hier einiges über die Berechtigung der gegen
die Prostitution gerichteten Massregeln zu sagen. Denn die
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6 BERTHELEMY 465, Anm. 1.
62 PERRINJAQUET 25 Anm. 1.
63 Vgl. hierüber auch den sehr interessanten Aufsatz von SCHULTZEN-
STEIN, „Die Grenzen der Polizeigewalt beim Schutze gegen sich selbst“ in
der deutsch. Jur.-Zeitung 1904 Nr. 2 und 3.