— 361 —
lichen Ordnung, der Strafrechtsordnung gegen die Gefährdung
durch das berufsmässige Verbrechertum. Die Pariser Polizei,
die Mutter und das Vorbild der ganzen modernen kontinentalen
Polizei, war im Jahre 1667 ins Leben gerufen worden mit dem
nächsten Zweck, die Sicherheit in der Stadt herzustellen, das
Bürgertum gegen den Terrorismus des, besonders Nachts, alle
Strassen beherrschenden Verbrechertums zu schützen ’6. Die so
geschaffene „Polizei“ erstreckte aber sofort ihr Tätigkeitsgebiet
auf all’ das, was entsprechend den allgemeinen staatsrechtlichen
Theorien jener Zeit Gegenstand der staatlichen Ordnung sein
musste: d. h. sie sah im Sinne des Eudämonismus ihre Aufgabe
darin, in allem und jedem das Leben der Untertanen zu ihrem
eigenen Besten und dem des Staates zu regeln. Einde des
18. Jahrhunderts wurde durch die Theorie der Aufklärung und
die Gesetzgebung der Revolution die Polizei wieder auf diejenigen
Gebiete beschränkt, die wir heute im Gegensatze zur polizeistaat-
lichen Wohlfahrtspolizei als „Ordnungs“-Polizei bezeichnen. Dieser
Begriff der Ordnung, der für uns gerade einen Gegensatz be-
deutet zu dem, was das 17. und 18. Jahrhundert unter „Ord-
nung“, bonne ordre, verstand, bestimmt das Wesen der Polizei
im modernen Staatsrecht. Er gibt das, was O. MAYER so an-
schaulich „die eigentümliche Richtung der Polizeigewalt“ nennt.
Deshalb wird nun des Näheren zu untersuchen sein, welche Be-
deutung der Begriff der „Ordnung“ im modernen Polizeirecht hat.
I. Nicht zur „Ordnung und Polizei* hat man von jeher
gerechnet das Finanz- oder, wie man es früher nannte, das Kame-
ralwesen. Das mag zusammenhängen damit, dass das ältere Recht,
wenn ihm auch die Vorstellung einer persönlichen Freiheit im
modernen Sinne fremd war, doch eine Freiheit des Eigentums
kannte”, Dies kam darin zur Geltung, dass prinzipiell dem
.* Vgl. hierzu Paisant la police au XVIIIe siecle 1887, p. 775, und die
Einleitung von M. CHAssaıgne, La lieutenance de Police, 1906.
” Vgl. FournoL, Esquisse d’une restitution doctrinale de l’ancien droit
public francais 1899 p. 14 ss.