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mitglieder und sonstigen Gewerbsleute halte ich für nicht zweck-
mässig. Weshalb sollte nicht auch ein Gewerbsmann im Ruhe-
stand, ein Arbeitgeber, Betriebsbeamter oder Arbeiter, sich zum
Vorsitz eignen, zumal wenn die Kammer selbst sich über eine
solche Persönlichkeit einigt? Vermutlich wurde im Entwurf da-
von aus dem Grunde Abstand genommen, weil der deutsche
Entwurf zum Unterschied vom französischen und belgischen Rechte
Arbeitgeber und Arbeitnehmer in der Kammer in einheitlichen
Sitzungen zu gemeinsamer Tätigkeit beruft (Prinzip der Ver-
handlungsgemeinschaft) und nicht für jede dieser
Gruppen je eine eigene Sektion mit eigenem Vorsitzenden bildet.
Weshalb aber will man zu solcher Sektionsbildung nicht auch in
Deutschland greifen ?
Von den Leistungen der AK. als Einigungsämtern wird
schliesslich der Wert der Einrichtung im wesentlichen abhängen.
Denn wenn sie als Einigungsämter versagen, dann werden sie
auch als anregende und gutachtende Organe kaum mit nachhal-
tiger Kraft zu wirken imstande sein. Man muss aber eingedenk
sein, dass es sich um einen Versuch auf geringer Erfahrungs-
grundlage handelt. Schon deshalb würde es sich mehr empfehlen,
die Einigungsämter nicht aus dem harten Granit der Bureau-
kratie zu bauen, sondern ihnen lieber eine leichtere Bauart,
etwa nach dem Zeltsystem der Feldlager zu geben und den In-
teressenten selbst einen höheren Einfluss zu sichern. Dies könnte
durch Einräumung eines Ernennungs- oder wenigstens eines Vor-
schlagsrechtes für den Vorsitz geschehen.
Der Entwurf lässt für das Verfahren der AK. als Einıi-
gungsamt die Verfahrensvorschriften des Gewerbegerichtsgesetzes
vom 29. Juni 1890/30. Juni 1901 88 62 bis 73 gelten. Diese recht
dürftigen Vorschriften bilden aber nur den Rahmen eines Ver-
fahrens.. Es würde sich empfehlen, der AK. es zu überlassen,
unter subsidiärer oder ergänzender Geltung jener Regeln des
GewGerGes. selbst Bestimmungen über das Verfahren zu erlas-