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weilen vollauf berechtigt. Man denke sich den Fall, dass eine
Fabrikarbeiterin früh morgens, bevor sie zur Fabrik geht, Zei-
tungen austrägt. Weil sie nun zufällig schon Zeitungen austrug
zu einer Zeit, wo sie noch nicht in der Fabrik tätig war, ist sie
bei Anwendung des Prioritätsgrundsatzes Mitglied der für die
Druckerei errichteten Betriebskrankenkasse, obwohl sie ihre ganze
Kraft der Fabrik widmet; und infolgedessen muss der Druckerei-
besitzer, anstatt, wie es billig wäre, der Fabrikherr, ein Drittel
der Kassenbeiträge bezahlen. Es kann diesem gewiss nicht ver-
dacht werden, wenn er die Beitragslast auf den Fabrikbesitzer
abzuwälzen sucht.
Der Durchführung des Grundsatzes der Priorität stehen also
schwere praktische Bedenken entgegen. Was aber seine völlige
Unhaltbarkeit dartut, ist der Umstand, dass er im Gesetz nicht
die geringste Begründung findet. Wir müssen daher den Satz,
dass beim Vorliegen mehrerer versicherungspflichtiger Beschäfti-
gungen die Priorität für die Zuständigkeitsfrage entscheidend sein
soll, als irrig zurückweisen.
2. Die zweite mögliche Lösung der Frage besteht darin, die
Kasse für zuständig zu erklären, zu deren Zuständigkeit die
Hauptbeschäftigung gehört.
a) Es fragt sich zunächst, ob diese Entscheidung sich aus
dem Gesetz begründen lässt. Das KV@G. ist von dem Grund-
satz beherrscht, dass der Beschäftigungsort für die Zuständigkeit
massgebend ist. In den Kommissionsberatungen wurde dieser
Gedanke ausdrücklich betont”. Übt nun jemand an zwei Orten
eine versicherungspflichtige Beschäftigung aus, so dass also für
ihn zwei „Kassen des Beschäftigungsortes“ in Frage kommen, so
muss in Ausdehnung jenes Grundsatzes des KVG. diejenige zu-
ständig sein, welche die Eigenschaft, „Kasse des Beschäftigungs-
ortes“ zu sein, im höchsten Grade besitzt, und das ist offenbar
die Kasse des Ortes der Hau p t beschäftigung.
18 Kommissionsberatungen S. 19.