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Literatur.
Zeitschrift für Politik, herausgegeben von Dr. Richard Schmidt,
Freiburg i. B. und Dr. B. Grabowsky, Berlin. Carl Heymanns Ver-
lag, Berlin. 1. Band 1907/1908, 648 S.
Die guten Wünsche, welche man einem neuen Unternehmen auf den
Weg mitgibt, darf man schon zweimal aussprechen. So habe ich dem, was
ich soeben dem Verwaltungsarchiv über die Zeitschrift für Politik anver-
traute, hier noch einiges anzufügen. Es betrifft das Verhältnis von Politik
und Wissenschaft ganz im allgemeinen, oder eigentlich die Frage, ob Poli-
tik der Wissenschaft nur Stoff liefere oder von ihr auch eine Lehre zu er-
warten habe. Von einer Zeitschrift für Politik wird man füglich nicht er-
warten, dass sie nur gleichsam das abgekürzte Protokoll einer bestimmten
Politik sei. Sie muss, wie die vorliegende zu tun verspricht, auch selbstän-
dig der Politik etwas zu sagen haben, sie muss im letzten Grunde eine
fortlaufende wissenschaftliche Kritik der praktischen Politik sein. Subjek-
tivität und Objektivität tauchen als Gegensatz auf. Die Politik als objek-
tive Wissenschaft hat nun offenbar unter ihren Schwesterwissenschaften den
denkbar schwierigsten Stand, denn unter allen Objekten der wissenschaft-
lichen Erkenntnis ist ohne Zweifel die praktische Politik dasjenige, welches
am wenigsten Neigung zeigt, sich objektiv bestimmen zu lassen und welches zu-
gleich die wirksamsten Mittel zur Hand hat, um sich solcher Bestimmung
zu entziehen. Man muss damit rechnen, dass der Mensch in seiner stärk-
sten Erscheinung und in seinem raffiniertesten Gebahren es ist, um dessen
Erkenntnis es sich hier handelt. Der Kollektivwille der Massen und die
Schliche und Richtpunkte ihrer tatsächlichen Beherrscher, der Völkeregois-
mus in seiner höchsten Potenz, der „Wille zur Macht“ in all seinen Formen
der Erscheinung ist das gegebene Objekt, alle Einzelwissenschaften, welche
diesem Problem von den verschiedensten Seiten her als Völkerpsychologie,
Soziologie, Volkswirtschaftslehre, Kulturwissenschaft, Geschichts- und Sprach-
wissenschaft oder als Rechtswissenschaft zu Leib zu rücken suchen, gelangen
mit einemmal in die Rollen von Hilfswissenschaften, wenn die Politik als