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Politik als Wissenschaft auch ihrer praktischen Schwester, der praktischen
Politik nachhaltenden Nutzen bringen können.
Piloty.
Dr. Cahn, Hugo, Rechtsanwalt in Nürnberg, Techniker als Richter.
Nürnberg 1908. Karl Kochs Verlag. 37 S.
Ein treffliches Schriftehen, das jeder, ob Jurist, ob Techniker, lesen
und beherzigen sollte, jeder, dem daran gelegen, sich über die so sehr ak-
tuelle Frage der Sondergerichte für den Rechtsschutz in Patent- und Muster-
streitsachen ein Urteil zu bilden. C, spricht nicht als Blinder von der
Farbe, er kennt die Frage durchaus und hat namentlich die Kongressver-
handlungen und die Literatur ebenso gründlich studiert, wie er seiue eigne,
reiche praktische Fırfahrung wohl zu nützen versteht und zudem ist das
Büchlein höchst anmutend geschrieben, frei von den Mängeln des übelbe-
leumundeten Juristendeutsch und des — nach Rathenau — noch schlimmeren
Technikerdeutsch. — Es handelt sich um die Zulassung von Technikern
zur Rechtsprechung. Wir kennen die Bewegung und wissen, dass das Ziel
ist, den Technikern Gerichte nach Art der Handelskammern und der Kauf-
mannsgerichte zu schaffen und zugleich ihnen die sonst übliche Dezentrali-
sation der Justiz in Nichtigkeits- und Entschädigungssachen des Patent-
und Musterrechts einzurichten. Wir wissen auch, dass die Bewegung an-
fangs mit einer ziemlich robusten Brutalität und mit Anklagen gegen den
gesunden Menschenverstand der geschulten Richter hervorbrach und dass
sie sich erst allmählich milderte, als nämlich der gesunde Menschenverstand
der Techniker auf Kongressen Gelegenheit fand, sich mit dem Juristenver-
stand zu messen. Da gab es freilich so manchen Judas unter den Juristen
und nicht immer war es leicht zu unterscheiden, ob die Verbeugung der
Selbstrerleugnung mehr der Technik oder dem Kapital galt; das waren die
Ueberjuristen, die sich was besondres dünkten, wenn sie — ohne dadurch
Techniker zu werden — die Fähigkeiten ihres eignen Standes verleugneten.
Ein männliches Veto gegen das Geschrei von der Unterwertigkeit des Ju-
ristenstandes, ein fein durchgeführtes Gefecht gegen alle Scheingründe der
Justizlüsternheit im Stande der Techniker, eine gerechte Abwägung des
pro und contra finden wir bei CaAnn. Wenn die Technik sich nicht mehr
damit begnügen will, dass ihre Angelegenheiten dem Richter durch Sach-
verständige nach der technischen Seite spruchreif gemacht werden, wenn
vielmehr Techniker als Richterbeisitzer gefordert werden sollen, weil der
Richter möglicherweise auch den Sachverständigen nicht verstehe, so be-
merkt C. sehr fein (S. 20): „Verstände der Juristenrichter die Sprache der
Sachverständigen so wenig, wie die Anhänger der Technikergerichte be-
haupten, so würde er auch die Dolmetscher zwischen den Juristen und Ex-
perten, die Technikerrichter, die doch ebenfalls die Sprache der Sachver-
ständigen sprechen, innerhalb und ausserhalb des Beratungszimmers nicht