— 462 7° —
verstehen.“ C. kommt nach eignen Erwägungen und unter reichhaltiger
Zitierung von bedeutsamen Stimmen der Praxis zur Ablehnung des Tech-
nikers als Richters. Er meint (8. 36 f.} die faktisch empfundenen Miss-
stände lassen sich beseitigen, mindestens mildern: durch modernen Ausbau
des Sachverständigenwesens, durch Pflege technischer Disziplinen in Stu-
denten- und Juristenkreisen, durch Zulassung der technischen Beistände,
durch sachgemässe Benutzung des richterlichen Fragerechts, durch seriöses
Studium der Patentschriften und Zeichnungen, durch rechtzeitige Vorfüh-
rung von Modellen, durch Zurverfügungstellung der Akten an die techni-
schen Experten, durch wohlüberlegte, nicht zu allgemein gehaltene Klage-
formulierung, durch weitherzigere Behandlung der Schadensprozesse nach
gesundem Ermessen, nicht zuletzt durch Ausmerzung antiquierten forma-
listischen Prozessleitungskrams, durch wohlerwogene Fassung der Beweis-
beschlüsse.
Ich möchte all diesen Betonungen noch Eines hinzufügen, das Schieds-
verfahren. Liegt den Technikern so sehr daran, von Technikern beurteilt zu
werden, so mögen sie technische Sonderschiedsgerichte freiwillig bilden oder
sich durch die Gesetzgebung einrichten lassen und dieselben nur aus ihrem
Berufe besetzen. Wird es sich dann zeigen, dass in nicht allzuseltenen
Fällen doch das subsidiäre Juristengericht vom reuigen Sünder aufgesucht
wird, dann wäre ja beiden Teilen geholfen. Jedenfalls aber ist es für den
Berufstand der Techniker am Platz in den eigenen Reihen zu mustern und
sich nicht verführen zu lassen durch die laute Stimme derer, die nur aus
Berufsranküne oder als Schiffbrüchige im Beruf oder aus reinem Willen
zur Macht den Juristenrichter der technischen incapacitas beschuldigen.
Piloty.
Die Rechtsnatur der Arbeiterversicherung. Von Prof.
Dr. Heinrich Rosin, J. C. B. Mohr, Freiburg i. Br. Tübingen 1908
(II. Band der allgemeinen Festschrift für PAUL LABAND, S. 43—134)-
So alt, wie die Arbeiterversicherung selbst, ist auch die Streitfrage, ob
sie als Versicherung im technischen Sinne — wie die Lebens-, Feuer- usw.
Versicherung — anzusprechen ist, oder aber ob man in ihr eine besonders
geartete Fürsorge des Staates für die Arbeiter zu erblicken hat. Die Haupt-
vertreter der Versicherungstheorie sind BORNHAK, HArpz, KÖHNE, MENZEI,
C. Meyer, PıLoty, Manes, Lass, SCHMOLLER; die Fürsorgetheorie wird
hauptsächlich vertreten ausser von Rosın, dem Verfasser des vorliegenden
Aufsatzes, von LABAND, SEYDEL, ZORN, STIER-SOMLO, PRÖBST, REHM, WEYL.
HIESTAND, ZERRLEDER und Hann.
Rosın, der bereits mehrfach sich literarisch mit der Rechtsnatur der
Arbeiterversicherung befasst hat, wurde durch ganz aussergewöhnlich scharfe.
gegen die Anhänger der Fürsorgetheorie gerichtete Ausführungen SCHMOLLERS