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tei überlassen bleiben soll. Anders verhält es sich mit der materiellen
Beweislast. Tatsächlich kommt auch im Verwaltungsverfahren so häufig
die Erscheinung vor, dass trotz aller amtlichen Ermittlungen, trotz aller
Beweisverfügungen entscheidende Tatumstände unaufgeklärt bleiben. Für
diesen Fall fordert es die Natur der Sache, dass eine gewisse Annahme als
feststehend gelten soll. Die materielle Beweislast in diesem Sinne tritt im
Verwaltungsverfahren weit häufiger auf, als die formelle Beweispflicht der
Partei.
In dem Abschnitte über die einzelnen Beweismittel werden einige be-
deutsame Fragen erörtert, so insbesondere die Frage des Konfliktes des
Hausrechtes mit der Verpflichtung der Behörde zur Nachschau auf fremden
Liegenschaften, die Frage der Verpflichtung zur Aussage als Sachverstän-
diger und die Frage, inwieweit Angestellte der öffentlichen Verwaltung als
Sachverständige verwendet werden dürfen, — ferner die Frage, ob und in-
wieweit das Sachverständigengutachten konsultativen oder dezisiven Cha-
rakter hat. Sehr anregend sind die Ausführungen über die Urkundenedition
(Seite 53—56). Der Verfasser weist mit Recht darauf hin, dass in dieser
Beziehung die Verwaltungsbehörde als Anwalt öffentlicher Interessen Par-
teiqualitäten besitzt. Daraus wird geschlossen, dass für alle Urkunden, die
von der Behörde an eine Privatperson ausgestellt wurden, Editionspflicht
zugunsten der Behörde anzunehmen ist. Im Kapitel über den Zeugenbe-
weis sind die Ausführungen über Auskunftspersonen, Gedenkmänner, No-
torietätszeugen von besonderem Belang; im Abschnitte über das Partei-
zeugnis (Seite 59-—62) weist der Verfasser darauf hin, dass jede dispotive
Wirkung der Parteierklärungen an den öffentlichen Interessen des Verwal-
tungsverfahrens scheitern muss, dass also das Parteizeugnis stets nur als
Material für die Wahrheitserforschung der erkennenden Behörde in Be-
tracht komnıt. Eben deshalb wird auch hier unbeschränkt freie Beweis-
würdigung Platz greifen, wie denn überhaupt dieses letztere Prinzip histo-
risch zu allererst im Verwaltungsverfahren durchgeführt war und erst nach-
her im Strafprozesse und im Zivilprozesse Eingang fand. — Die Schriften
über das Verwaltungsverfahren sind bekanntlich nicht sehr zahlreich; aber
nicht nur deshalb, sondern auch wegen des umfassenden Inhaltes, wegen
der markigen und klaren Darstellung muss das vorliegende Werk als
Baustein für eine Theorie des Verwaltungsverfahrens wärmstens begrüs-f
werden. Dr. Max Schuster-Bonnott.
Zur Lehre vonder Notverordnung.
In der von Hofrat Prof. MEnZ&I, unter dem obigen Titel in der Fest-
gabe für LABAND publizierten Abhandlung sagt der Herr Verfasser in be-
treff des Fortbestandes der in der österreichischen Obstruktionsära er-
schienenen Notverordnungen auf 8. 392 folgendes: „Die nicht genehmigten