— 467 —
Notverordnungen behalten ihre provisorische Gesetzeskraft so lange, bis sie
entweder vom Monarchen ausser Kraft gesetzt oder vom Reichsrat aus-
drücklich abgelehnt wurden. Die Kammern sind jederzeit befugt, einen der-
artigen Beschluss zu fassen, mag die Vorlage der Notverordnungen auch
unterlassen worden sein. Dies ergibt sich schon aus dem Recht der (parla-
mentarischen) Initiative“. ... In meiner Besprechung (23. Band dieser Zeit-
schrift S. 500 ff.) bin ich nun, die Worte „Reichsrat“ und „die Kammern“
in ihrer gewöhnlichen Bedeutung nehmend, von der Voraussetzung ausge-
gangen, dass der Herr Verfasser zur Ausserkraftsetzung der fraglichen Ver-
ordnungen gegenwärtig einen übereinstimmenden Beschluss des Abgeord-
netenhauses und des Herrenhauses für erforderlich halte, und habe gegen
(liese Ansicht polemisiert. Seither hat mich jedoch der Herr Verfasser brief-
lich ersucht, zu konstatieren, dass er in den zitierten Sätzen unter dem
Ausdruck „Reichsrat“ das Abgeordnetenhaus oder das Herrenhaus und unter
dem Ausdruck „die Kammern“ jede der beiden Kammern verstanden
wissen will, womit meine Polemik gegenstandslos geworden ist.
E. Radnitzky.
Kloess, Arno, Das deutsche Wasserrecht und das Wasser-
recht der Bundesstaaten des Deutschen Reichs.
Grundzüge der Entwicklung und des Systems auf Grund der deut-
schen Rechtsquellen, Literatur und der Wasser-, Mühlen- und Fischerei-
gesetzgebung der Bundesstaaten. 221 S., Halle 1908.
Das Buch zerfällt in zwei Teile, einen ersten, erheblich grösseren, in
welchem das Wasserrecht auf Grund der mittelalterlichen Rechtsquellen,
des gemeinen Rechts und sodann besonders ausführlich der einzelnen Lan-
desgesetzgebungen Deutschlands dargestellt wird, und einen zweiten, in dem
die allgemeinen Grundzüge eines deutschen Wasserrechtissystems entwickelt
werden. Der deskriptive Abschnitt wird jedem. der sich über «ie partiku-
larrechtlich so vielgestaltige Materie des Wasserrechts orientieren will,
gute Dienste leisten. Die geschichtlichen Ausführungen wollen jedoch nicht
ausschliesslich als solche gewertet werden; der Verfasser geht von dem
alten deutschen Wasserrecht aus, um aus diesem die Grundlagen für eine
neue, den modernen Bedürfnissen angepasste Gestaltung dieses Rechtsge-
biets zu gewinnen. Er postuliert deshalb im wesentlichen die Entfernung
ler seit der Rezeption eingedrungenen romanistischen Elemente, soweit es
sich nicht um Institute handelt, die wie der Eigentumsbegriff die ent-
sprechenden deutschrechtlichen Gebilde fast vollständig haben verschwin-
den lassen. Das in der Hauptsache einheitliche Wasserrecht des deutschen
Mittelalters soll, in moderner Form, in einem Reichswassergeselz wieder
aufleben.
Grosses Gewicht legt KLorss auf die Natur der gemeinen Gewässer,