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zu denen, ausser den Quellen, alle freien natürlichen Wasserläufe gehören.
Sie sind Gemeingut, d. h. sie gehören den Gebietsangehörigen. Dabei
richtet sich der Verfasser mit Entschiedenheit gegen die Tendenz, dem
Staate ein Eigentum, wenn auch nur ein publizistisches, an den gemeinen
Sachen zuzuschreiben. Die öffentlichen Sachen dienen nach K. einem recht-
lich umschriebenen Personenkreis (Staats-, Gemeindeangehörige etc.), die
gemeinen Sachen aber nur den Gebietsangehörigen. Das Subjekt des Ge-
meineigentums wäre, wenn es Rechtspersönlichkeit besässe, „die Gesell-
schaft“ (S. 164). Diese Vorstellung scheint uns nicht recht klar zu sein.
Die Polemik von Kıozss geht von einer u. E. unrichtigen Differenzierung
von Staat und Gesellschaft aus. Der Staat bezw. dessen Verbände sind
die Erscheinungsformen der Gesellschaft, soweit diese rechtliche Gestalt
annimmt. Der Staat vertritt die Gemeininteressen, nicht wie im Patrimo-
nialstaat ein Einzelinteresse. Gemeininteresse und öffentliches Interesse
decken sich. Nicht Gemeineigentum und Sondereigentum (staatliches und
privates) sind einander gegenüberzustellen, sondern die Rechtsordnung der
den öffentlichen Interessen vorbehaltenen Sachen und diejenige der der
Privatwirtschaft überlassenen. Es ist dann lediglich eine sekundäre Frage,
in welcher Weise das öffentliche Interesse wahrgenommen werden soll, sei
es durch unmittelbare Indienststellung für die Verwaltung, sei es durch eine
mehr oder minder weitgehende Ueberlassung der Sache an den Gebrauch
des Publikums.
Die Abneigung des Verfassers gegen den „Staatssozialismus“ tritt auch
bei der Behandlung der Sonderrechte an den Gewässern hervor. Nur für
die eine Klasse der natürlichen gemeinen Gewässer, die Hauptverkehrsge-
wässer, die im wesentlichen an die Stelle der „schiffreichen“ (nicht bloss
schiffbaren) Flüsse des alten Rechts treten, ist die staatliche Verleihung
Grundlage von über den Gemeingebrauch hinausgehenden Sonderrechten.
An der Mehrzahl der gemeinen Gewässer, den sog. Nebenflüssen, aber sind
die Sondernutzungsrechte prinzipiell mit dem Eigentum am Ufergrundstück
verbunden. Eine solche ausserordentliche Begünstigung der Ufergrundstücke
scheint namentlich heute nicht gerechtfertigt und den volkswirtschaftlichen
Bedürfnissen wenig entsprechend. Die modernen Wassergesetze haben des-
halb fast ausnahmslos diesen privatwirtschaftlichen Standpunkt aufgegeben.
Gerade vom Standpunkt des Verfassers aus, nach welchem die natürlichen
Gewässer in der Regel Gemeingut der Gebietsangehörigen sind, sollte die
Gesetzgebung dahinzielen, den dem Gemeineigentum entsprechenden Ge-
meingebrauch in möglichst weitem Umfang zu sichern. Dabei ist zu be-
achten, dass der Begriff des Gemeingebrauchs sich der wirtschaftlichen
und technischen Entwicklung gemäss umbilden muss. Der Gesetzgeber von
heute darf nicht stehen bleiben beim herkömmlichen Gemeingebrauch, der
in seiner Beschränkung auf Einzelnutzungen den Ursprung aus einer tech-
nisch primitiven Zeit verrät. Heute ist von der Schiffahrt abgesehen die