Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 24 (24)

— 468 — 
zu denen, ausser den Quellen, alle freien natürlichen Wasserläufe gehören. 
Sie sind Gemeingut, d. h. sie gehören den Gebietsangehörigen. Dabei 
richtet sich der Verfasser mit Entschiedenheit gegen die Tendenz, dem 
Staate ein Eigentum, wenn auch nur ein publizistisches, an den gemeinen 
Sachen zuzuschreiben. Die öffentlichen Sachen dienen nach K. einem recht- 
lich umschriebenen Personenkreis (Staats-, Gemeindeangehörige etc.), die 
gemeinen Sachen aber nur den Gebietsangehörigen. Das Subjekt des Ge- 
meineigentums wäre, wenn es Rechtspersönlichkeit besässe, „die Gesell- 
schaft“ (S. 164). Diese Vorstellung scheint uns nicht recht klar zu sein. 
Die Polemik von Kıozss geht von einer u. E. unrichtigen Differenzierung 
von Staat und Gesellschaft aus. Der Staat bezw. dessen Verbände sind 
die Erscheinungsformen der Gesellschaft, soweit diese rechtliche Gestalt 
annimmt. Der Staat vertritt die Gemeininteressen, nicht wie im Patrimo- 
nialstaat ein Einzelinteresse. Gemeininteresse und öffentliches Interesse 
decken sich. Nicht Gemeineigentum und Sondereigentum (staatliches und 
privates) sind einander gegenüberzustellen, sondern die Rechtsordnung der 
den öffentlichen Interessen vorbehaltenen Sachen und diejenige der der 
Privatwirtschaft überlassenen. Es ist dann lediglich eine sekundäre Frage, 
in welcher Weise das öffentliche Interesse wahrgenommen werden soll, sei 
es durch unmittelbare Indienststellung für die Verwaltung, sei es durch eine 
mehr oder minder weitgehende Ueberlassung der Sache an den Gebrauch 
des Publikums. 
Die Abneigung des Verfassers gegen den „Staatssozialismus“ tritt auch 
bei der Behandlung der Sonderrechte an den Gewässern hervor. Nur für 
die eine Klasse der natürlichen gemeinen Gewässer, die Hauptverkehrsge- 
wässer, die im wesentlichen an die Stelle der „schiffreichen“ (nicht bloss 
schiffbaren) Flüsse des alten Rechts treten, ist die staatliche Verleihung 
Grundlage von über den Gemeingebrauch hinausgehenden Sonderrechten. 
An der Mehrzahl der gemeinen Gewässer, den sog. Nebenflüssen, aber sind 
die Sondernutzungsrechte prinzipiell mit dem Eigentum am Ufergrundstück 
verbunden. Eine solche ausserordentliche Begünstigung der Ufergrundstücke 
scheint namentlich heute nicht gerechtfertigt und den volkswirtschaftlichen 
Bedürfnissen wenig entsprechend. Die modernen Wassergesetze haben des- 
halb fast ausnahmslos diesen privatwirtschaftlichen Standpunkt aufgegeben. 
Gerade vom Standpunkt des Verfassers aus, nach welchem die natürlichen 
Gewässer in der Regel Gemeingut der Gebietsangehörigen sind, sollte die 
Gesetzgebung dahinzielen, den dem Gemeineigentum entsprechenden Ge- 
meingebrauch in möglichst weitem Umfang zu sichern. Dabei ist zu be- 
achten, dass der Begriff des Gemeingebrauchs sich der wirtschaftlichen 
und technischen Entwicklung gemäss umbilden muss. Der Gesetzgeber von 
heute darf nicht stehen bleiben beim herkömmlichen Gemeingebrauch, der 
in seiner Beschränkung auf Einzelnutzungen den Ursprung aus einer tech- 
nisch primitiven Zeit verrät. Heute ist von der Schiffahrt abgesehen die
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.