Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 24 (24)

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seine eigene Rechtsordnung zu schaffen, den eigentlichen Prüf- 
stein seines staatlichen Charakters sehen. So hält z. B. Des- 
PAGNET die Souveränität für ein wesentliches Kennzeichen des 
Staates, erklärt aber die sog. innere Souveränität (la souverainete 
interne) für hinreichend und findet eben diese in dem eigenen, 
nicht delegierten Gesetzgebungsrechte. Aus diesem Grunde trägt 
er nicht das geringste Bedenken, Finnland den staatlichen COha- 
rakter zuzuerkennen und das Verhältnis der beiden Staaten zu 
einander sogar als Realunion aufzufassen‘. 
Nach JELLINERsS Ansicht würde die finnländische Verfassung 
einen Bestandteil der Gesamtverfassung eines Einheitsstaates 
bilden; dadurch wäre sie, wie jede Verfassung, gegen willkür- 
liche Aenderungen rechtlich geschützt. Erfolgt dennoch eine 
solche, so wäre sie stets als Verfassungsbruch zu werten (Allgem. 
Staatslehre S. 641). Indessen bietet diese Auffassung bedeutende 
theoretische und praktische Schwierigkeiten und Ungelegenheiten. 
— In einem im übrigen durchaus autokratischen Einheitsstaat 
ist, wie oben bemerkt, die verfassungsmässige Ausgeschlossen- 
heit und Aufhebung der Selbstherrschergewalt hinsichtlich eines 
gewissen Staatsteiles nicht besonders leicht zu erfassen. Vor 
allem können ja im ständischen Staate partikuläre Ungleich- 
heiten in der rechtlichen Stellung des Monarchen vorkommen 
und sich auch auf die Dauer behaupten, in einem durchweg ab- 
solutistischen und nach immer grösserer Zentralisierung streben- 
den Einheitsstaate dagegen werden sie sich als eine anormale 
— eher politische als streng rechtliche — und darum ziemlich 
leicht aufhebbare Capitis deminutio des Herrschers dar- 
stellen. Ohne irgendwie in Zweifel zu ziehen, dass eine derar- 
tige Organisation dennoch rechtlich und tatsächlich möglich 
ıst, kann man in der Tat nicht umhin einzusehen, dass diese 
Konstruktion auf erhebliche Schwierigkeiten stösst und schwie- 
" DESPAGNET, La question finlandaise au point de vue juridique, Pa- 
ris 1901.
	        
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