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die Bestimmungen und Grundsätze des Privatrechtes auch auf
die durch die Handhabung der öffentlichen Gewalt entstandenen
Schadensfälle ausdehnen. Es ist die deutsche Anschauung.
JELLINEK vertritt die Ansicht (System d. subj. öff. R. (2)
244—245), dass die Haftung des Staates wegen pflichtwidrigen
Handelns oder Unterlassens seiner Beamten nur ein Spezialfall
für das Verschulden Dritter oder noch weiter gefasst ein Fall
der Verteilung oder Ueberwälzung einer stattgehabten Vermögens-
minderung auf andere als den unmittelbar Betroffenen sei; dass
der Staat somit nicht wegen der ihm zuzurechnenden Tat seines
Organs, sondern wegen des Verschuldens eines Trägers staatlicher
Organschaft, also einer in diesem Falle selbständigen Persönlich-
keit verhaftet und dass aus diesem Grunde der Anspruch zivil-
rechtlicher Art sei; dass das Subjekt des Imperiums nur soweit
unter dem Privatrechte stehe, als es sich ihm ausdrücklich unter-
worfen habe; und dass sich somit aus der Natur der Sache a
priori keine Entscheidung zu Gunsten der Haftpflicht ergibt, dass
vielmehr die Haftung des Staates für das Verschulden seiner
Beamten im allgemeinen keine juristische, sondern eine gesetz-
gebungspolitische Frage sei.
Ein gegensätzlicher Gedankengang GIERKES mündet in der-
selben Anschauung, dass der Entschädigungsanspruch aus der
Handhabung der öffentlichen Gewalt privatrechtlicher Natur sei.
(28. DJT. 1, 135—138). Der 28. Deutsche Juristentag hat
sich GIERKE angeschlossen. Ein altes Desiderium des Juristen-
tages erhielt eine neue Fassung in der einstimmig angenommenen
These WILDHAGENS: „Es liegt ein dringendes Bedürfnis vor, die
unmittelbare Haftung des Staates und anderer Personen des
öffentlichen Rechtes für den von ihren Beamten in Ausübung
der diesen anvertrauten Öffentlichen Gewalt zugefügten Schaden
durch Reichsgesetz grundsätzlich auszusprechen.“
Nachdenkliche Beobachter der langen literarischen Vorge-
schichte dieses Beschlusses werden leicht gewisse Grundzüge deut-