Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 24 (24)

— 557 — 
eine rechtswidrige Amtshandlung seiner Beamten zugefügten Scha- 
den zu ersetzen habe. Dass es sich hier nicht bloss um die Be- 
amten der Patrimonialobrigkeiten, sondern um die Funktionäre 
der öffentlichen Gewalt überhaupt handelte, kann keinem Zweifel 
unterliegen.“ Dem setzt er die kurze Abfertigung entgegen: 
„Trotzdem entbehrt diese Auffassung der obersten Justizstelle 
und der Hofkommission in Gesetzsachen der Stütze des positiven 
Rechtes; sie setzt voraus, dass der Staat für die Amtshandlungen 
seiner Beamten unbedingt hafte, obgleich ein solcher Rechtssatz 
weder aus der Natur der Sache folgt noch irgendwo positiv- 
rechtlich ausgesprochen ist.“ 
Historisch gesehen mag es dahingestellt bleiben, ob dieser 
Rechtssatz in dem Naturrechte jener Zeit nicht eine ausreichende 
Stütze finden konnte. Für die Modernen liegt die Frage etwas 
anders. Es ist richtig, dass dieser Rechtssatz expressis verbis 
nirgends ausgesprochen ist; ob er aber nicht unausgesprochen 
in dem Gesamtkomplex des modernen Rechtes als eines Nieder- 
schlages ganz bestimmter Ereignisse und ganz bestimmter An- 
schauungen und Empfindungen enthalten ist, wäre vor einer so 
kategorischen Ablehnung zuvor doch noch zu untersuchen. Nicht 
der geschriebene Buchstabe allein entscheidet; weit wichtiger ist 
der Geist, in dem das was geschrieben steht von dem jeweiligen 
Zeitalter gelesen und verstanden wird. Historische Exkurse, die 
überdies —- wie sich zeigt — gegen das Beweisthema ausschlagen, 
können nicht das letzte Wort bleiben. 
Weder die österreichische Judikatur, noch die österreichische 
Wissenschaft haben bisher die Formung des Gesetzstoffes nach 
den Erfordernissen der neuen Zeit zuwege gebracht. Die For- 
mulierung allgemeiner Prinzipien, worunter die positivgesetzlich 
erledigten Einzelfälle subsumiert werden, ist ein erster Versuch. 
Gleichwohl sind diese der philosophischen Phraseologie entlehnten 
Formeln sterile Kategorien. Mit sanften Gefühlen und wohl- 
wollenden Betrachtungen lässt sich das harte Leben nicht meistern.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.