Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 24 (24)

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der Reichsfiskus in dem gleichen Masse an die Stelle der Lan- 
desfisci getreten sei wie das Reich in Ausübung von Hoheits- 
rechten an die Stelle der Einzelstaaten. 
In der Gesetzgebung undRechtsprechunghat 
man sich demgegenüber auf die Souveränität des Reiches be- 
rufen, die die Unterwerfung des Reichsfiskus unter die kommunale 
(und staatliche) Steuergewalt nicht dulde. In diesem Sinne sagt 
die Ausf.Anw. z. K.Abg.G. v. 14. 7. 1893 in A. 19 Abs. 3 Ziff. 4, 
dass die Gewerbebetriebe des Reiches steuerfrei seien, „weil das 
Reich unter der Finanzhoheit der Einzelstaaten nicht steht und 
eine gewerbliche Besteuerung noch nicht zugelassen hat“. 
Die gegensätzlichen Ansichten sind niemals deutlicher zum 
Ausdruck gelangt als bei den Reichstagsverhandiungen 
ım Jahre 1874, die den Gesetzentwurf mit dem Inhalt „Das 
Reich darf zu den auf das Einkommen gelegten Abgaben (Ein- 
kommensteuern) nicht herangezogen werden“ zum (Gegenstand 
hatten (Drucksachen, II. Session 1874/75 Nr. 22; Sten. Ber. Bd.]. 
S. 143 ff., 267 ff.). Die Veranlassung zu diesem Entwurf hatte 
die Stadt Berlin geboten, die die reichsfiskalischen Einkünfte 
zur Steuer heranziehen wollte, und die Stellungnahme des 
preussischen Ministeriums des Innern, das den Kommunen zur 
Seite getreten war. 
In den Motiven wurde auf die eigenartige Natur des 
Reichseinkommens hingewiesen: Die Einnahmen des Reichs 
flössen aus Unternehmungen, die, wie die Post, Telegraphie und 
Eisenbahn, für öffentliche Interessen bestimmt seien, Domänen 
besässe das Reich nicht und, abgesehen von Mietszinsen und Er- 
trägen aus Grasnutzungen, sei ein eigentlicher Privaterwerb des 
Reiches nicht vorhanden. Eine Besteuerung des Reichsfiskus 
wurde hier wie auch bei der Beratung (Staatsminister Del- 
brück, Abg. Miquel) als gegen die Souveränität des Reiches ver- 
stossend hingestellt. Von Bismarck wurde — im Einklang mit 
den Motiven — darauf hingewiesen, dass die Besteuerung eine
	        
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