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nicht umgangen werden könnten. Endlich ist es ein Vorteil der jetzigen,
len Neutralen scheinbar wenig günstigen Rechtslage, dass dabei die for-
melle Aufrechterhaltung des Friedens zwischen Kriegführenden und Neu-
tralen, namentlich kleineren Staaten eher möglich ist, als wenn den Kriegs-
parteien die Respektierung der Neutralität grössere Opfer auferlegte.
Wenn man dem Verfasser auch nicht in allen Punkten folgen kann,
wird man aus seinen Erörterungen doch neue Einblicke in diese ebenso
verwickelte wie wichtige Materie des Völkerrechts gewinnen, denn diese
Fragen sind hier von einem hohen Standpunkt betrachtet und mit seltener
Klarheit dargelegt. Max Huber.
Söderquist, Nils, LeBlocus maritime. 307 S. Stockholm 1908.
Diese übersichtlich disponierte und klar geschriebene Schrift zerfällt in
zwei Teile von annähernd gleichem Umfang, eine historische und eine dog-
matische Darstellung. Die geschichtlichen Partien des Buches bieten eine
sorgfältige Zusammenstellung der verschiedenen Blockaden, wobei nament-
lich die moderne Praxis, auch die in Verträgen enthaltenen Bestimmungen
berücksichtigt worden sind. Von Wert und Interesse sind auch die zahl-
reichen als Anhang beigegebenen, bisher kaum bekannten Urkunden aus
den staatlichen Archiven in Stockholm und aus wenig zugänglichen schwe-
dischen Werken. SÖDERQUIST zeigt, dass der sog. Blocus pacifique nicht,
wie sonst angenommen wird, zuerst 1327 praktiziert wurde, sondern dass
die erste Friedensblockade von England 1814 über Norwegen verhängt
wurde zum Zweck, dieses für Annahme der Union mit Schweden gefügig
zu machen.
Im dogmatischen Teil gelangt der Verfasser in den Hauptpunkten zu
folgenden Thesen: Die Theorien über den Rechtsgrund der Blockade (Sou-
veränitäts-, Kriegsnotwendigkeits- und Neutralitätspflichts-Theorie) sind un-
haltbar, das Blockaderecht ist ein jus singulare, das sich keinem andern
völkerrechtlichen Institut unterordnen lässt. Die Blockade ist nach SÖDER-
QUIST kein spezifisch kriegsrechtliches Institut, sondern ein allgemeines
völkerrechtliches Zwangsmittel, das im Kriegsverhältnis allerdings gewisse
Modifikationen erleidet; die sog. Friedensblockade ist die eigentliche, die
reine Blockade, eine Anschauung, die, wennschon sie der herrschenden Lehre
diametral entgegensteht, manches für sich hat. Hinsichtlich der aktiven
und passiven Blockadefähigkeit kommen im allgemeinen die Normen betr.
Kriegsfähigkeit zur Anwendung; „ewig neutrale Staaten sind nicht
ausgeschlossen, dagegen involviert z. B. Art XXIX des Berliner Vertrags
von 1878 eine Exemption und Inkapazität Montenegros. Blockierbar ist
nur eine Küste, die im faktischen Besitz des Gegners des Blockierenden
ist; dabei kann das Küstenland nominell Territorium des Blockierenden
selbst oder eines Neutralen sein. Die Theorie der fortgesetzten Reise wird
verworfen, die Effektivität in striktem Sinne interpretiert, die Notifikation