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eigenen Rechtslage (il riconoscimento attuale delle relazioni di pace in rap-
porto alla loro propria condizione giuridica) zum Gegenstande hat(?) In
dieser Uebereinstimmung liege der Ursprung und das Fundament der Neu-
tralitätsbeziehung. Man dürfe jedoch nicht glauben, dass sich nach dieser
Willensübereinstimmung irgend eine subjektive Norm direkt bestimmen
lasse. Dies sei unmöglich, weil diese Willensübereinstimmung kein Vinku-
lum zwischen den Parteien schaffe und nur eine wenn auch die wesent-
liche Bedingung der Neutralitätsbeziehung betrifft nämlich die tatsächliche
und widerrufbare Bedingung der Friedensbeziehung hinsichtlich ihrer (loro)
respektiven Eigenschaft von Kriegführenden und Nichtkriegführenden (?)
Wie inımer man diese Bemerkungen des Verfassers deuten mag, so dürfte
es klar sein, dass eine Willensübereinstimmung, welche kein Vinculum zwi-
schen den Parteien schafft, ein aufgelegter Widerspruch ist, Verständlicher
klingt es, wenn der Verfasser weiterhin erklärt (S. 65) dass die Verletzung
der Neutralität nicht eine Resolutivbedingung sei, bei deren Eintritt die
Rechte der Neutralität (es heisst zwar: diritti di sovranita, was aber nur
ein Versehen sein dürfte) erlöschen, sondern eine unrechtmässige Handlung,
welche den Urheber verantwortlich macht, es wäre denn, dass ein bisher
neutraler Staat durch eine solche Handlung sich wirklich als Kriegführen-
der geriren will.
Die zweite Frage, die ich herausgreifen möchte, betrifft den formalen
Rechtsgrund der Blokade- und Kontrebande-Befehles. Der Verfasser stellt
sich (S. 274) auf den Standpunkt der herrschenden Lehre, wonach nur die
Staaten Subjekt des Völkerrechtes sind, und wendet sich gegen die vou
REHM (Zeitschrift für Völkerrecht I) vertretene Ansicht, wonach die Unter-
tanen neutraler Staaten zur Respektierung jener Befehle der Kriegführen-
den völkerrechtlich verpflichtet sein sollen. Er wendet sich aber auch gegen
die Meinung, dass die neutralen Staaten verpflichtet seien, ihren Untertanen
die Respektierung dieser Befehle von sich aus vorzuschreiben (8. 299). Nachı
seiner Ansicht sind vielmehr die von den neutralen Untertanen gegen die
Rechte der Kriegführenden auf hoher See unternommenen Handlungen als
auf dem Gebiete der Kriegführenden (nella loro giurisdizione) erfolgt an-
zusehen. An einer andern Stelle (S. 77) bezeichnet er die hohe See als
campo di giurisdizione comune a tutti gli stati.
Es stimmt dies genau mit jener Auffassung überein, welche Referent
im 22. Bande dieser Zeitschrift in der Abhandlung über Meeresfreiheit und
Meeresgemeinschaft vertreten hat, indem dort die hohe See im Gegensatz
zur herrschenden Lehre von der Staatenlosigkeit des Meeres als die gemein-
same Kompetenzsphäre oder, was dasselbe ist, als das gemeinsame Gebiet
sämtlicher Staaten bezeichnet wurde.
Obwohl die von der zweiten Haager Friedenskonferenz beschlossenen
Aenderungen des geltenden Neutralitätsrechtes in dem Buche nicht mehr
berücksichtigt werden konnten, werden die prinzipiellen Erörterungen des-