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besonders auch politische Bedeutung. In der staatlichen Ord-
nung stehen die Adligen obenan als erster Stand dem Könige
zunächst, der selbst aus ihm gewählt wird; als Herzöge und
Kriegsoberste stehen sie an der Spitze der Heeresverfassung, auf
ihren Gütern üben sie selbständig die vom Könige nur formal
abgeleitete hohe Gerichtsbarkeit aus, auf den Reichsversamm-
lungen haben sie das Recht zu sitzen und zu stimmen. Ebenso
hat auch der niedere Adel eine politische Machtstellung, wenn
diese auch weit hinter der des hohen Adels zurücksteht. Als
Vasallen des Fürsten sind sie die Stütze der fürstlichen Autorität;
über die Bauern üben sie gutsherrliche Gerichtsbarkeit, selbst
die Vogteigerichtsbarkeit ist ihnen mitunter verliehen; als Land-
stände beraten sie die gemeinsamen Angelegenheiten ihres Stan-
des und des Fürsten; die Hofämter und alle höheren Aemter
liegen in ihrer Hand, sie gelten als die natürlichen Räte des
Fürsten. Dieser Stellung entspricht es, wenn das Allgemeine
Landrecht in dem jetzt allerdings durch Artikel 4 der Verfas-
sungsurkunde vom 31. Januar 1850 gegenstandslos gewordenen,
aber immerhin für den Geist, in welchem das Allgemeine Land-
recht geschrieben ist, bezeichnenden $ 1 tit. 9 Teil II sagt: „Dem
Adel, als dem ersten Stande im Staate, liegt nach seiner Be-
stimmung die Verteidigung des Staates, sowie die Unterstützung
der äusseren Würde und inneren Verfassung desselben haupt-
sächlich ob“. Daraus erhellt, dass der Adel auch nach der Auf-
fassung des Allgemeinen Landrechts politische Bedeutung hat,
dass er zunächst und unmittelbar in Beziehungen zum Staat
bezw. zum Monarchen steht, wie ja auch im monarchischen Staat
die Verleihung des Adels ausschliesslich dem Könige als dem
Träger der Adelshoheit zusteht, und dass es folgeweis keinen
Adel geben kann, welchen nicht der Staat bezw. der Monarch
anerkennt. Dass das Allgemeine Landrecht auf diesem Stand-
punkt steht, erhellt aber in gleicher Weise auch noch aus an-
deren Vorschriften. Zunächst spricht dafür der 87 II13 ALR,,