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gewähren daher die Freigebigkeit in Erfüllung eines Auftrages,
einer Amtspflicht, nicht nach reinem, willkürlichem Wohlwollen.
Dadurch verlieren diese Bewilligungen den Charakter echter
Gnadenakte.
Hieraus ergiebt sich aber ferner auch ein Unterschied bei der
Rechnungskontrolle.e Die Gnadenbewilligungen des Königs
aus seinem Dispositionsfonds unterliegen hinsichtlich ihrer Zu-
lässigkeit keiner Prüfung der Oberrechnungskammer; dieselbe ist
vielmehr darauf beschränkt, festzustellen, dass die in Rechnung
gestellten Beträge ordnungsmässig justificirt und zur Zahlung ge-
langt sind und dass sie in ihrer Gesammtsumme den etatsmässigen
Fonds nicht überschreiten. Die Verwendung der Dispositions-
fonds der Behörden dagegen unterliegt, soweit nicht ausdrücklich
Ausnahmen anerkannt sind, der Prüfung der Oberrechnungskammer
auch in der Richtung, ob sie zu den im Etatsgesetz angegebenen
Zwecken und gemäss den für ihre Verausgabung erlassenen Vor-
schriften erfolgt ıst und ob bei der Verrechnung keine sogen.
Fondsverwechslung untergelaufen ist !?).
Abgesehen von dem Falle einer Etatsüberschreitung kann
daher die Verwendung des königlichen Gnadenfonds nicht der
Gegenstand von Bemerkungen der ÖOberrechnungskammer sein
und folglich kann auch der Landtag bei Prüfung der allgemeinen
Staatsrechnung und Ertheilung der Decharge niemals in die Lage
kommen, sie zum Gegenstande seiner Erörterungen zu machen,
während dies hinsichtlich des Dispositionsfonds der Behörden der
Fall sein kann.
IV.
Die Verzichte auf Einnahmen, auf welche der Fiskus
einen privatrechtlichen Anspruch hat, bilden thatsächlich die
Hauptmasse aller staatlichen Freigebigkeitsakte. Die Rechtstitel,
12) Die Bemerkungen der Oberrechnungskammer liefern zahlreiche Bei-
spiele. Einige derselben siehe bei MEıssner, Rechnungswesen des Preuss,
Staates Bd. II (1879) S. 119, 120, 123, 142, 160.