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kommission in Gesetz-Sachen über 8 19 des I. Teils des sg. Ur-
entwurfes (den späteren $ 7 ABGB.), Sitzung v. 4. I. 02, klar
zum Ausdruck ®°. Insbesondere findet sich dort im Referate
ZEILLERs, das von der Kommission in den entscheidenden Punkten
vollkommen gebilligt worden ist?®, die bezeichnende Bemerkung,
dab der Richter „nur bei dem gänzlichen Mangel der positiven
Gesetzgebung zur natürlichen zurückzukehren“ befugt sei”. Viel-
leicht wird man mir einwenden, daß ZEILLER damals, zu An-
fang des Jahres 1802, die „natürlichen Rechtsgrundsätze“ noch
in naturrechtlichem Sinne auffassen mußte, weil er die
1802 publizierte Theorie BENTHAMs von der „Geschlossenheit
des (esetzbuches“ noch nicht kannte und daher noch auf dem
Standpunkte der Lückenhaftigkeit des Gesetzbuches stand. Darauf
ist zu erwidern, daß in den späteren Beratungen, wie die von
ÖFNER publizierten Beratungsprotokolle dartun, über die Be-
deutung der „natürlichen Rechtsgrundsätze“ des8 7 überhaupt nicht
mehr gesprochen worden ist. Dafür aber haben wir von ZEILLER
eine Interpretation des 8 7 aus dem Jahre 1811, also lange Zeit
nach BENTHAM, die jeden Zweifel beseitigen muß; sie ist
niedergelegt in seinem „Kommentar über das allgem. bürger!.
Gesetzbuch für die gesamten deutschen Erbländer der österreichi-
schen Monarchie“, I. 1811, 8. 65 £.:
„Weil man aber von einem Zivil-Codex nicht verlangen kann,
daß er, gleich einem Systeme des natürlichen Privatrechts, alle
Rechtsgrundsätze, und noch minder, daß er alle daraus ableit-
baren Rechte enthalten soll; so wird der Gesetzgeber, um der
Verlegenheit und den Anfragen der Richter, die eine Rechtsfrage
in dem Gesetzbuche durchaus nicht beantwortet zu finden glauben,
vorzubeugen, ihnen das Befugnis, so wie es in dem gegenwärtigen
Paragraphe geschieht, einräumen, den zweifelhaften Rechtsfall
85 S, OFNER, Urentwurf I 23 £.
3 S, OFNEr 1 24.
37 OFNER 1 23.