— 15 —
Aus dieser grundsätzlichen Verschiedenheit der beiden Stellen
ergibt sich noch eine andere wesentliche Differenz: Nach
BENTHAM fallen die sämtlichen möglichen Einzelfälle unter die
Norm des Gesetzbuches selbst; denn dort ist ja ihre „species“
geregelt. Nach ZEILLER hingegen ist es nicht das Gesetzbuch,
sondern das Naturrecht, die „höheren und allgemeinen Grund-
sätze“, die „für alle mögliche Fälle ausreichen“. Und auch
dieser Gedanke findet sich bereits in dem ZEILLERschen Refe-
rate von 18015: „Die Vernunft lasse keine in ihrem Sehkreise
gelegene Frage unbeantwortet, ihre Aussprüche seien unveränder-
lich und allgemein. Alle Fälle also bis dahin zurückbezogen,
unterliegen einer rechtlichen Entscheidung.“ — Wieso aber be-
wirkt diese Geschlossenheit des Naturrechts die „Vollständig-
keit“ des positiven Gesetzbuches? Weil der Richter, wenn
er im letzteren eine Lücke findet, auf das „für alle mög-
liche Fälle ausreichende“ Naturrecht zurückgreifen kann und
auf diese Weise neben dem Gesetzbuch jede andere Quelle des
positiven Rechts überflüssig wird. Es ist das jene Auffassung
ZEILLERs, die ich oben eingehend dargestellt habe, die auch sein
Referat von 18015” beherrscht und schließlich in gekürzter Form
auch im a.u. Vortrag ihren Ausdruck findet.
Vierter und fünfter Satz:
Diesen beiden Sätzen entspricht im 31. Kapitel der BEN-
THAMschen Abhandlung überhaupt keine Stelle ’®. Statt dessen
druckt HATSCHEK eine Stelle aus dem 4. Kapitel ab, die in der
mir vorliegenden BENTHAM-Ausgabe um 44 Seiten zurückliegt°”.
5 Den Wortlaut der ganzen Stelle s. oben im Haupttext zu Anm. 41.
5” Wortlaut s. oben im Haupttext zu Anm. 41.
5® Denn der Gemeinplatz „With a good method, we go before events,
instead of following them* kann doch nicht dem 4. und 5. Satz des au.
Vortrages gegenübergestellt werden.
5 The Works of JEREMY BENTHAM, herausgeg. von BOWERING, III. Bd.
Die von HATSCHEK zitierten Stellen des 51. Kap. stehen auf $. 205, die Stelle
des 4. Kap. auf S. 161.