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veranlassen mich, auf den Entwurf selbst nochmals und diesmal
auch auf die Beurteilungen desselben einzugehen.
Es liegt mir auch in dieser Abhandlung fern, die Einzel-
heiten des Entwurfs zu erörtern. Im Folgenden ist nur beab-
sichtigt, den eigenen, vom Standpunkte der Staatsregierung
grundsätzlich abweichenden Standpunkt neuerdings auch gegen-
über der Kritik zu vertreten und näher zu begründen.
Dabei wird zunächst die Frage nach dem Verhältnis
zwischen dem Entwurf und den Bestimmungen der Verfassungs-
urkunde einer erneuten Untersuchung zu unterziehen sein. Im
übrigen beschränkt sich die Abhandlung auf die Würdigung
des den Entwurf beherrschenden Umlageprinzips und auf die
Untersuchung der rechtlichen Natur der vom Entwurf vorge-
sehenen und als Kirchengemeinden bezeichneten Beitragsverbände.
I.
Die Kirchengemeindeordnung und die
bayerische Verfassung.
Die Motive zum Entwurf sagen in ihrem allgemeinen Teil
unter Zifi. VI S. 52:
„Ein sehr wesentlicher Gesichtspunkt bei der Ausarbeitung des Ent-
wurfs war, daß dieser sich ganz innerhalb der geltenden verfassungsmäßigen
Bestimmungen bewegen und an letzteren in keiner Weise rütteln solle.
Aus praktischen Gründen, insbesondere um die Aussichten auf Erzie-
lung eines positiven Ergebnisses günstiger zu gestalten, und um nicht frucht-
losen Diskussionen die Bahn zu Öffnen, war schon für die Ausarbeitung
des Vorentwurfes der Grundsatz maßgebend, daß das verfassungsmäßig fest-
gelegte Verhältnis zwischen Staat und Kirche durch die neue Kirchenge-
meindeordnung nicht berührt werden solle. Das Festhalten an diesem Stand-
punkte dürfte sich im Interesse der Sache umsomehr empfehlen, als bei
Vorkehrung der gegensätzlichen Anschauungen über die einschlägigeh ver-
fassungsmäßig geregelten Grundprinzipien eine Einigung wohl als nicht er-
reichbar gelten darf.“
Aus diesen Worten der Motive ist zweierlei erkennbar:
1. Verfasser des Entwurfs ist bestrebt, die rechtliche Ordnung
der Kirchengemeinden so zu treffen, daß eine Aenderung der