Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 26 (26)

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die Tatsache, daß von den Redaktoren dieses Gesetzbuches im 
a. u. Vortrag der Vorschlag gemacht worden ist, zur Vermei- 
dung von Mißbräuchen die Richter anzuweisen, daß sie alle 
Rechtsfälle, die von ihnen „aus einer (wirklichen oder vermeinten) 
Unvollständigkeit nach allgemeinen Rechtsprinzipien rechtskräftig 
entschieden worden sind, am Ende des Jahres der Gesetzkom- 
mission vorlegen“ sollten. „Demnach — fährt HATSCHEK fort — 
sollte trotz des ‚Naturrechts‘ im Sinne von Lukas, der refere 
legislatif beibehalten werden.“ Dieser Widerspruch zwischen 
mir und HATSCHEK ist nur ein scheinbarer, HATSCHEK gebraucht 
nämlich das Wort „refere legislatif“ in einem andern Sinn als 
ich. Ich wıll mit HATSCHEK nicht darüber streiten, welcher 
Begriff diesem Worte zugrunde zu legen ist, lediglich die Ver- 
pflichtung des Richters, vor der Entscheidung des zweifelhaften 
Rechtsfalles sich an den Gesetzgeber um Auskunft zu wenden, 
oder, wie HATSCHEK meint, auch die nachträgliche Mittei- 
lung von Zweifeln und Mängeln der Gesetze an den Gesetzgeber 
zum Zwecke der „Vervollständigung‘‘. Das, worauf es in 
e8 Mit dieser Begriffis-Formulierung dürfte HarscHeEk — das sei nur 
nebenbei bemerkt — vereinzelt dastehen. Sie ignoriert die Tatsache, daß 
das Eigenartige dieses Rechtsinstitutes, wie es sich im kontinentalen Abso- 
lutismus entwickelt hat, gerade in der Verpflichtung des Richters gelegen 
ist, mit der Entscheidung des zweifelhaften Rechtsfalles zu warten, bis 
der Gesetzgeber die erbetene Auskunft erteilt hat. Auch die Litera- 
tur faßt den Begriff des refere legislatif meines Wissens in diesem Sinne 
auf, z. B. MERLIN, Repertoire X? 1809 S. 695: „On appelait ainsi 
autrefois un jugement par lequel, avant de prononcer sur une que- 
stion qui leur paraissait insoluble, d’apres l’ambiguite ou l’insuffisance de 
la loi dont elle derivait, les juges ordonnaient qu’il en serait refere & l’au- 
torite investie du pouvoir legislatif.“ Wenn HATSCHEK, Replik 448 f. u. 
449!! gleichwohl die Behauptung aufstellt, auch meine Schrift hätte sich 
die HarTscHe£ksche Begriffs-Formulierung zu eigen gemacht, so muß ich dar- 
auf erwidern, daß jeder, der sich die Mühe nimmt, dem Gedankengang 
meiner Schrift zu folgen, zu dem gegenteiligen Resultat kommen muß; 
aus der ganzen Anlage meiner Schrift ergibt sich als selbstverständlich, 
daß ich den Begriff des refere legislatif ausschließlich auf die Verpflichtung 
des Richters beziehe, vor Entscheidung des Rechtsfalles Auskunft einzu-
	        
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