Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 26 (26)

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wendung, die gerade der Partikel „quasi“ im Sprachgebrauch zu 
teil wird, wäre man versucht, aus dem judex l. s. f. unmittelbar 
den Quasi-judex zu konstruieren. Es ist fast Sakrileg, daß ein 
vielleicht nur gelegentlicher Schulbegriff, wie er von Gajus auf- 
gestellt worden war, von Justinian mit Gesetzeskraft ausgestattet 
wurde; auch die systematische Behandlung dieser Materie ver- 
rät die Zweifel, die die kaiserlichen Kommissionen dabei gehabt 
haben mögen; man mochte fühlen, daß die Quasi-Theorie, legis- 
latorisch — zumal auf Richter angewendet — mit äußerster 
Zurückhaltung anzuwenden sei und daß sie etwa bei ganz singu- 
lärer fast historischer Erwähnung in den Digesten der Betrach- 
tung über die extra ordinariae cognitiones anzureihen sei. — Als 
Quasi-Delinquent im Lehrbuch an erster Stelle behandelt, wird 
der judex, qui litem suam facit, im letzten Buche der Digesten 
an eine gewissermaßen verlorene Stelle gesetzt; denn abgesehen 
von der abgekürzten Wiederholung des abstrakten Lehrbegriffs 
in lex5$4D.44,7. ist, wie angedeutet, von Ulpian — in lex 
15, 16, D. 15, 1 — das Verhältnis des judex, q. 1. s. f. nach Vor- 
aussetzung und Folgen abweichend beurteilt worden. Unter 
einem Quasi-delinquenten wird man einen judex, der dolo malo 
handelt oder der der corruptela verfallen, sich nicht vorstellen 
können. 
Aber auch in anderer — freilich, wie nicht zu verkennen, 
bei der Gestaltung der römischen Privat- Entschädigungs- 
klage — entlegener Richtung kann es als bedenklich erachtet 
werden, in die vertretbare Handlung eines Beamten den Delikts- 
begriff hineinzutragen; denn da hiermit und mit dem entsprechen- 
den „utique peccare“ und mit den, wenn auch nicht immer sinn- 
so doch stammverwandten Begriffen der poena und des punire, 
der strafrechtliche Standpunkt erkennbar wird, so muß, 
jedenfalls für die gemeinrechtliche Praxis, die Ausführung als 
berechtigt gelten, daß sine lege-sc. sine lege strieta — — eine
	        
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