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verurteilten Richters — die ihm nachgerühmt wurde und die fast
schon aus der Tatsache sich ergibt, daß der Richter ein unge-
fähr 10 Minuten langes „Inquisitorium“ abgehalten habe —
es Ist, sagen wir, in Anerkennung dieser Sorgfalt geschehen, dab
der Verurteilte, trotzdem er nach dem Ausspruch des Reichs-
gerichts die Pflichten einer ordnungsmäßigen und gewöhnlichen
Sorgfalt nicht erfüllt, nach sehr kurzer Zeit an eine äußerst
bevorzugte Dienststelle, in der im übrigen die Arbeitslast eher
eine höhere als eine geringere, versetzt wurde. Die Justizverwal-
tung hat gewiß erkannt:
daß der Beklagte mehr dem Verursachungs- als dem
Verschuldungsprinzip verfallen sei; und wer wollte be-
haupten, er selbst sei gegen jeden Betrug gefeit?
Es sei hier erwähnt, daß der Grundbuchrichter durch Ge-
setz oder Instruktion nicht gehalten war, den Betrügern die ge-
wünschte Bescheinigung, daß die Hypothekenbestellung statt-
gefunden, zu erteilen; die Praxis läßt sie jedoch ex nobili officio
zu und die Nichterteilung würde die Vollendung des Betruges
nur verzögert, nicht gehindert haben, da die Darlehnsgeberin
persönlich oder durch Bevollmächtigten von der Aufnahme des
Aktes Kenntnis hätte verschaffen können. — Welche besondere
Pflicht nun hat — nach dem Spruch der Berufungsinstanz —
der beklagte Grundbuchrichter verletzt?
„Die Pflicht einer Unterschriftsvergleichung!*
Es ist ja nicht ausgeschlossen, daß wenn die Graphologie
einst eine „Wissenschaft“ geworden ist — bisher wird sie
selbst von ihren Anhängern als eine „werdende“ bezeichnet —
auch von den Kandidaten des Richteramts gefordert werden
wird, daß sie in entsprechenden Unterrichtskursen in der Schrift-
expertise ausgebildet seien. Bisher haben die Handschriften-
vergleichungen in gerichtlichen Prozessen der Regel nach zu
dem Ergebnis geführt, daß die Aussprüche der Sachverständigen
völlig entgegengesetzte waren.
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